Die Frau, die Zeit ihres Lebens bei ihren Eltern gelebt hatte, dürfte irgendwann vor der offenbar dominanten Mutter kapituliert haben. Ein Gerichtspsychiater bescheinigte der 40-Jährigen eine Persönlichkeitsstörung und ein von Unreife gekennzeichnetes Abhängigkeitsverhältnis gegenüber der Mutter, die im Jänner 2009 im 82. Lebensjahr starb.
Mutter entwickelte Messie-Syndrom
Im Alter hatte die Mutter eine Sammelleidenschaft und das sogenannte Messie-Syndrom entwickelt. Weil sie keinen Platz mehr zum Schlafen hatte, wich die Tochter ins Badezimmer aus, wo sie eigenen Angaben zufolge jahrelang auf einem Schemel schlief. Die Mutter nächtigte im Vorzimmer auf Sitzauflagen für Gartenmöbel.
Dort fanden sie die Ärzte und Sanitäter, als die 40-Jährige die Tote meldete. Und auf den ersten Blick war zu sehen, dass sich offensichtlich seit Wochen und Monaten niemand mehr um die Frau gekümmert hatte, die sich schon jahrelang nicht mehr ohne fremde Hilfe bewegen konnte. Liegegeschwüre und offene Wunden, aus denen Würmer und Maden krochen, waren festzustellen.
"Hätte vorher etwas machen sollen"
Bei der Obduktion stellte sich als Todesursache Sepsis infolge der unbehandelt gebliebenen Geschwüre heraus. Daraufhin wurde die Tochter wegen Vernachlässigung einer hilflosen Person angeklagt. Vor Richterin Nina Steindl gab die 40-Jährige nun zu Protokoll: "Ich weiß, dass es zu weit gegangen ist und dass ich vorher etwas machen hätte sollen."
Ihre Mutter habe ihr allerdings verboten, sich um medizinische Hilfe umzuschauen: "Sie wollte nie einen Arzt haben." Eine Heimhelferin, die sich nach einem Spitalaufenthalt um die betagte Frau kümmern sollte, wurde nach wenigen Tagen von dieser weggeschickt. Ihre Mutter habe es nicht ertragen, dass eine Fremde sie nackt sehe und anfasse, erzählte die Tochter. Sie habe neben ihrem Beruf die Mutter betreut - laut Gerichtsmediziner aber völlig unzureichend. Die Tote sei "völlig verwahrlost" gewesen. Bei ihrem Ableben wog die 150 Zentimeter große Frau 35 Kilogramm.
Urteil noch nicht rechtskräftig
"Ich hab' mich gefragt, was ich tun könnte. Aber ich bin auf nichts gekommen. Ich hab' bis zuletzt nicht geglaubt, dass sie sterben wird", sagte die Angeklagte. "Es ist sehr erschreckend, wenn man zuschaut, wie jemand stirbt", meinte die Richterin in ihrer Urteilsbegründung. Die Angeklagte nahm die Strafe an, die Staatsanwältin behielt sich Rechtsmittel vor, das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.
Foto: Symbolbild
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