KPÖ-Zugpferd geht

Kaltenegger nimmt 2010 Abschied von der Politik

Österreich
30.03.2009 14:20
Die steirischen Kommunisten, die in den vergangenen Jahren in Graz und dann im Land einen wahren Höhenflug erlebt hatten, verlieren ihre Galionsfigur: Ernest Kaltenegger (59) wird für die Landtagswahl im Herbst 2010 nicht mehr kandidieren und sich überhaupt aus der Politik verabschieden, erklärte er am Montag. Für die Entscheidung, in die Polit-Pension zu gehen, nannte er auch gesundheitliche Gründe. Außerdem sei er schon fast drei Jahrzehnte Mandatar - "es ist Zeit, dass neuer Schwung hineinkommt". Über Nachfolge und Spitzenkandidatur werde eine Landeskonferenz im Herbst entscheiden. Dass er etwa als Nationalratskandidat in Zukunft wieder auftauchen könnte, schloss er aus.

Mit Kaltenegger war es den Kommunisten erstmals nach Jahrzehnten wieder gelungen, bei Kommunal- und Landeswahlen zu einer relevanten Größe zu werden. 1998 zog er in die Regierung der steirischen Landeshauptstadt ein, 2003 toppte der gebürtige Obersteirer mit nahezu unglaublichen 20,9 Prozent, zwölf Mandaten und zwei Senatssitzen diesen Erfolg in Graz. Mit immerhin 6,34 Prozent gelang dem inzwischen in die Landespolitik Gewechselten 2005 quasi aus dem Stand der Sprung auf Platz drei vor die Grünen.

Berührungsängste zur KPÖ abgebaut
Ernest Kaltenegger, geboren am 28. November 1949 im obersteirischen Obdach, aufgewachsen bei seinen Großeltern, sammelte seine ersten politischen Erfahrungen 1965 bis 1971 bei der SPÖ. "Der Widerspruch zwischen Wort und Tat" habe ihn dann zur KPÖ wechseln lassen. Mit seiner ruhigen Art, meist von einem ihm eigenen verschmitzten Lächeln unterstützt, konnte der Pragmatiker Berührungsängste zur KPÖ abbauen. Bei seiner ersten Wahl 1983 gelang es ihm, mit 174 Stimmen Überhang ein Gemeinderatsmandat zu retten - dann ging es bergauf. Vor allem der 1992 eingerichtete "Mieter-Notruf" traf den Nerv Wenigbegüterter.

Sich selbst als "Dienstleister" bezeichnet
Sein Image als "Nothelfer" und "Engel der Armen" pflegte Kaltenegger bewusst, auch wenn er die Bezeichnung stets ablehnte und sich nüchtern als "Dienstleister" bezeichnete. Einen Teil seines Gehalts widmeten er und seine Mandatare sozialen Zwecken. Seine Auftritte drehten sich zwar auch um Fragen wie die Verhinderung von Privatisierungen öffentlichen Eigentums, vornehmlich punktete er aber mit abgewendeten Delogierungen und mit Duschen in nachgerüsteten Substandard-Gemeindewohnungen.

Sein Privatleben behielt Kaltenegger stets gerne für sich. Er hat einen Sohn, ist geschieden, lebt bescheiden und fährt mit dem Fahrrad oder mit seinem Skoda zu Auswärts-Terminen. Zu einem Engagement für eine Funktion auf Bundesebene ließ er sich nie bewegen.

Einen - erwarteten - Rückschlag für die KP gab es bei den Grazer Kommunalwahlen 2008: Sie wurde - mittlerweile ohne Zugpferd Kaltenegger -  auf 11,18 Prozent und sechs Sitze sowie ein Regierungsmitglied halbiert. Auch für die bevorstehende Landtagswahl im Herbst 2010 stehen die Prognosen nicht sehr günstig. Kalteneggers Rückzug dürfte die Startposition wohl noch einmal deutlich verschlechtern.

Auch Landesvorsitzender tritt ab
Der Aderlass der steirischen KP ist ein umfassender: Mit bzw. kurz nach Kaltenegger geht auch Landesvorsitzender Franz-Stephan Parteder in Pension. Parteder bestätigte, dass er nach Auslaufen der Funktionsperiode 2010/11 wie angekündigt nicht mehr zur Verfügung stehen werde. Parteder gilt als Urgestein und Parteiideologe. In jungen Jahren als Liedermacher und Künstler aktiv, firmierte er dann lange Jahre als Journalist u.a. der "Wahrheit" (steirische "Volksstimme"-Ablegerin, Anm.), ehe er sich ganz der Partei- bzw. Grazer Kluborganisation widmete. Sein Amt als Bezirksvorsteherstellvertreter des Grazer Bezirkes "Innere Stadt" will er weiter behalten.

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