Post-Umbau

Protestwelle gegen geplanten Post-Kahlschlag

Österreich
11.11.2008 11:14
Die radikalen Sparpläne des Post-Vorstands, der bis 2015 etwa ein Drittel der Belegschaft abbauen und das Filialnetz weitgehend privatisieren will, sind am Montag auf breiten Widerstand getroffen. Infrastrukturminister Werner Faymann (SPÖ), Landeshauptleute aller Couleur und Belegschaftsvertreter verlangten ein Abrücken von den am Wochenende von der "Krone" aufgedeckten Plänen. Das Konzept soll am Mittwoch vom Post-Aufsichtsrat beschlossen werden. Die Christ-Gewerkschafter wollen ein Volksbegehren gegen die Filialschließungen starten. Der Post-Vorstand hat indes in einer lapidaren Stellungnahme am Montag die umstrittenen Pläne indirekt bestätigt und um Verständnis geworben.

Das Post-Management, das aus angeblich börserechtlichen Gründen nicht ins Detail gehen wollte, führte in der Stellungnahme Sachzwänge ins Treffen: 2011 stehe die Vollliberalisierung des Postmarkts ins Haus, "es ist die Aufgabe eines verantwortungsvollen Managements, das Unternehmen rechtzeitig auf derart dramatische Marktveränderungen vorzubereiten."

Das Sparkonzept, das die Kontrollore am Mittwoch absegnen sollen, ist im Wesentlichen von der US-Unternehmensberatung McKinsey ausgearbeitet worden. Es sieht die Streichung von bis zu 9.000 der derzeit 26.000 Jobs vor, zwei Drittel der Stellenstreichungen sollen bei den Briefträgern erfolgen. Von den Mitarbeitern der Post sind etwa die Hälfte unkündbare Beamte. Die Zahl der eigenständigen Filialen soll radikal verkleinert werden, Kooperationspartner BAWAG PSK soll laut ORF-Informationen 225 Filialen übernehmen, weitere 200 Stellen sollen verpachtet werden. Die Zahl der sogenannten Post-Partner (zum Beispiel Lebensmittelhändler) soll bis 2015 auf 940 mehr als vervierfacht werden. Insgesamt könnten 1.000 Filialen verloren gehen.

Faymann: "Post darf nicht zur AUA werden"
Schon am Sonntag hatte Faymann das Konzept kritisiert und angekündigt, er werde nicht "zulassen, dass jemand 200 oder noch mehr Postfilialen zusperrt". Faymann hinterfragte die Vorgangsweise des Managements und erklärte: "Die Post darf nicht zur AUA werden." Man könne die 2002 beschlossene Universaldienstverordnung so verändern, dass Filialen künftig nur mit Zustimmung der betroffenen Gemeinde geschlossen werden dürfen.

ÖVP will nicht "hinein regieren"
Finanzminister Wilhelm Molterer (ÖVP) erklärte dagegen, er halte überhaupt nichts davon, dem Management in den Rücken zu fallen." ,"Die Zeit, wo Politiker in Unternehmen hinein regiert haben" sei "vorbei und kommt nicht wieder". Die Perspektive für die Post in einem voll liberalisierten Markt sei nicht einfach, warb er um Verständnis. Der Staat hält über die ÖIAG noch 51 Prozent an dem Unternehmen.

ÖVP-Obmann Josef Pröll hat Politiker und Management davor gewarnt, die Nerven wegzuschmeißen. Von der Politik erwarte er sich "Besonnenheit", vom Postmanagement eine Strategie zur Sicherstellung der Postdienste. Pröll forderte in einer Aussendung das Postmanagement auf, sicherzustellen, "dass jeder in Österreich auch in Zukunft Zugang zum Service der Post bekommt, "vom Brief bis zum Packerl, vom Enkerl bis zur Großmutter. Wenn dazu Veränderungen notwendig sind, müssen diese behutsam aber konsequent sein". Auf politischer Seite wandte sich Pröll gegen "unglückliche Eingriffe", die bereits den AUA-Verkauf erschwert hätten. Dies dürfe sich nicht wiederholen.

Gewerkschaft: "Strategie des Wahnsinns"
Der oberste Post-Gewerkschafter Gerhard Fritz (FSG) drohte Streiks zur Adventszeit an. "Der Einsparungsplan ist eine einzige Strategie des Wahnsinns. Der Vorstand kann sich zu hundert Prozent sicher sein, dass wir uns genug Maßnahmen einfallen lassen, sollte es zu einem offenen Konflikt kommen", fuhr Gerhard Fritz im Gespräch mit der "Krone" schwere Geschütze auf. Fritz macht - ebenso wie viele andere Gewerkschafter ÖIAG-Chef Peter Michaelis für den geplanten Kahlschlag hauptverantwortlich.

Volksbegehren "Stopp den Postraub"
Die Christ-Gewerkschafter (FCG) der  Post- und Fernmeldebediensteten (GPF) hat am Montagabend den Text für die Unterstützung ihres Volksbegehrens "Stopp den Postraub" fertig gestellt. Gefordert wird unter anderem die Novellierung des Postgesetzes und dessen Erhebung in den Verfassungsrang (wofür die Stimmen von SPÖ und ÖVP nicht mehr ausreichen würden.) In diesem Postgesetz sollen 1.300 Postfilialen, "die durch die Post AG zu führen sind" festgeschrieben werden. Weitere Forderungen sind die Sicherung von Postdienstleistungen zu gleichen Bedingungen für die gesamte Bevölkerung sowie die Schaffung von rechtlichen Rahmenbedingungen für einen "fairen Wettbewerb" auch nach der Liberalisierung 2011.

Die Proponenten brauchen nach eigenen Angaben 8.032 Unterstützungserklärungen um das Volksbegehren offiziell veranlassen zu können. Auch die sozialdemokratische Postgewerkschafts.-Fraktion hat übrigens angekündigt, die Initiative zu unterstützen. "Es freut uns, dass uns bereits große Organisationen (Gemeindebund, Oppositionsparteien etc.) ihre Unterstützung zugesagt gaben", schreibt Manfred Wiedner, Chef der Fraktion.

Landeshauptleute wollen Krisengipfel
Nach den Gemeinden am Wochenende hat auch die Landespolitik mobil gemacht. Die Landeshauptleute kritisierten unisono die Pläne und forderten die Abhaltung eines Gipfels mit Bund, Ländern und Gemeinden. Der Termin des Spitzengesprächs steht noch nicht fest, es könnte aber am Mittwochnachmittag nach der Aufsichtsratssitzung stattfinden. In Kärnten hat sich ein Aktionskomitee aus Bürgermeistern und Gemeinderäten formiert, das über ein landesweites Netzwerk gegen Postämterschließungen kämpfen will.

Sparpläne sollen Liberalisierung des Marktes abfedern
Der europäische Postmarkt wird wie bekannt ab 2011 voll liberalisiert. Ab diesem Zeitpunkt dürfen private Konkurrenten auch Briefe mit weniger als 50 Gramm transportieren. Die Post macht mit diesem Geschäftsfeld den Löwenanteil ihres Gewinns. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete die Brief-Division ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 273 Millionen Euro - gegenüber jeweils rund 13 Millionen Euro in den beiden anderen Sparten Paket und Filialen.

2007 erzielte die Post AG einen Umsatz von 2,32 Milliarden Euro, ein Plus von 33 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das Betriebsergebnis (Ebit) stieg um 32 Prozent auf 162,8 Millionen Euro. Für das Jahr 2008 prognostiziert der Konzern eine stabile bis leicht steigende Umsatzentwicklung von bis zu 3 Prozent, wegen der "Marktbeeinträchtigung im österreichischen Paketgeschäft" aber ein geringfügig unter 2007 liegendes operatives Ergebnis.

Foto: Andi Schiel

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