Zurückgerudert

Faymann: 2009 keine Steuerentlastung

Österreich
15.09.2008 12:39
SPÖ-Chef Werner Faymann hat ein Wahlversprechen aus seiner Liste gestrichen: Sollte die umstrittene Halbierung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel am 24. September im Parlament durchgehen, so sei eine Lohnsteuersenkung bereits 2009 nun doch „unrealistisch“. Faymann peilt wieder 2010 als Termin für die Entlastung an. Den Vorwurf der ÖVP, mit der Mehrwertsteuersenkung generell eine Steuerreform zu gefährden, weist er von sich. Faymann meint, dass die Volkspartei ursprünglich auch die höhere Familienbeihilfe und die Verlängerung der Hacklerregelung abgelehnt habe, nun aber dafür sei. „Zuerst schreit die ÖVP, der Staat geht zugrunde, dann kommt die öffentliche Diskussion, es gehen ihnen die Argumente aus und sie stimmen zu“, so Faymann.

Faymann sieht die Mehrwertsteuersenkung als Vorgriff auf die Steuerreform mit einem Gesamtvolumen von rund vier Milliarden Euro. Das nach Umsetzung des „Fünf-Punkte-Programms“ verbleibende Geld soll nun in die Lohnsteuersenkung investiert werden, so Faymann in einem Interview mit der Austria Presseagentur. Die Verantwortung für das aus seiner Sicht aus Zeitgründen unmögliche Vorziehen der Steuerreform gibt Faymann aber der ÖVP: „An mir ist es ja nicht gescheitert, ich wollte den Sommer nutzen, um die Steuerreform auf den 1.1.2009 vorzuziehen. Aber ich bin ein realistischer Mensch: Wenn nach der Wahl eine Diskussion über die Steuerreform beginnt, dann wird sich der 1.1.2009 nicht mehr ausgehen.“

Obwohl das BZÖ am Freitag vorerst gegen die Mehrwertsteuersenkung auf Lebensmittel gestimmt hat und die SPÖ nur durch fehlende Abgeordnete von ÖVP und Grünen ihren Antrag einbringen konnte (siehe Infobox), ist der SPÖ-Vorsitzende zuversichtlich, auch diesen Punkt am 24. September im Nationalrat beschließen zu können. „Da ist in der Diskussion noch nicht aller Tage Abend“, betont Faymann - schließlich sei das BZÖ selbst in seinem Volksbegehren für die Halbierung der Mehrwertsteuer eingetreten. „Keinesfalls“ kann er sich vorstellen, die orange Forderung nach einem Teuerungsausgleich zu unterstützen - dieses Geld werde für die Lohnsteuersenkung gebraucht.

„Ich sage kein Nulldefizit an“
An ein ausuferndes Budgetdefizit glaubt Faymann trotz Mehrwertsteuersenkung und Steuerreform nicht und betont, dass die von der SPÖ geplante Lohnsteuersenkung „nach heutigen Annahmen“ mit einem Defizit von 0,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes im Jahr 2010 möglich ist. Die ÖVP hatte zuletzt davor gewarnt, Österreich würde bei zu hoher Neuverschuldung die Maastricht-Kriterien nicht erfüllen. Ob sich ein Nulldefizit in der kommenden Legislaturperiode ausgeht, will Faymann nicht beurteilen. „Ich sage kein Nulldefizit an, weil es ja auch bisher nicht erreicht wurde“, so der SPÖ-Chef - entscheidend sei, dass das Geld zur Verhinderung von Arbeitslosigkeit, zur Stärkung der Wirtschaft und für staatliche Investitionen eingesetzt werde.

Nicht nachvollziehen kann Faymann die Warnung der ÖVP, mit der Mehrwertsteuersenkung den Spielraum für die Belebung der schwächelnden Konjunktur zu beschneiden. „Das ist ja Teil des Gegensteuerns“, betont der Infrastrukturminister. Außerdem sei Finanzminister Wilhelm Molterer noch vor wenigen Monaten selbst für die Halbierung der Mehrwertsteuer auf Medikamente, und zwar im Zusammenhang mit der Gesundheitsreform. „Da hat er noch mitgetan, bei der Finanzierung der Krankenkassen, da waren wir knapp vor dem Abschluss“, so Faymann.

Faymann schließt BZÖ und FPÖ weiterhin aus
Zurückhaltend äußert sich Faymann auf die Frage, ob die wechselnden Parlamentsmehrheiten am Freitag als Testlauf für eine Minderheitsregierung nach der Wahl zu sehen sind. „Ich habe die Minderheitsregierung nie ausgeschlossen, habe aber immer gesagt, ich wünsche mir stabile Verhältnisse durch eine starke SPÖ, die Nummer eins wird und die auch in der Lage ist, eine Zweiparteienregierung zu bilden und trotzdem Veränderungen zu erreichen“, so Faymann. Nachsatz: „Das Ausschließen von FPÖ und BZÖ als Koalitionspartner habe ich deutlich gesagt, alles andere möchte ich bewusst offen lassen.“

Dass er zu Beginn der SP-Sondersitzung zur Teuerung nicht dabei war, begründet übrigens Faymann mit der am Anfang anstehenden dringlichen Anfrage an Wirtschaftsminister Martin Bartenstein. Dabei sei die Anwesenheit anderer Minister nicht verpflichtend. Außerdem verweist der SPÖ-Chef auf den Abgang von Finanzminister Wilhelm Molterer unmittelbar nach Ende der TV-Liveübertragung: „Das nächste Mal bin ich von Anfang bis zum Schluss dabei. Ich war übrigens auch dabei, als die Kameras ausgeschaltet wurden und der Vizekanzler nicht mehr da war.“ Molterer war am Samstagvormittag allerdings beim Treffen der EU-Minister im französischen Nizza, er hatte möglicherweise durchaus Grund zu gehen.

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