Nette Plauderei

So war Natascha Kampuschs erste Sendung

Österreich
02.06.2008 17:58
Natascha Kampusch hat am Sonntagabend ihr Debüt in ihrer neuen Rolle als TV-Talkerin gegeben. Auf dem Privatsender Puls 4 versuchte sich das Entführungsopfer als Gastgeberin in ihrer eigenen Show "Natascha Kampusch trifft", erster Gast war Niki Lauda. Wer gehofft hatte, mehr über Natascha Kampusch zu erfahren, wurde enttäuscht, das Gespräch war eher eine nette Plauderei - Gegenfragen des ehemaligen Formel-1-Fahrers nach ihrem Schicksal fielen Kampusch sichtlich nicht leicht. "Eventuell wollte er mich auch umbringen", erzählte sie über ihren Entführer Wolfgang Priklopil. Ihre Zukunft beschrieb Kampusch voller Tatendrang, sie wolle "alles erforschen".

Was ihr passiert sei, habe sie aber bereits während der Gefangenschaft verarbeitet, weil sie ein "sehr reflektierter Mensch" sei und "das schnell" mache. Auf Laudas Abschlussfrage, was sie in den nächsten Jahren am liebsten erleben wolle, worauf sie sich freue, antwortete die 20-Jährige: "Es gibt so viele Dinge. Ich will alles erforschen."

Mit Niki Lauda als ersten Gast konnte sich die 20-Jährige trotz einiger Gegenfragen wohl kaum einen angenehmeren Gesprächspartner aussuchen. Der medienversierte Lauda trug das rund 40-minütige Gespräch, in dem er von seiner Kindheit, von seinem Formel-1-Unfall und der Liebe zu seiner Freundin Birgit erzählte.

Lauda einfühlsam: "Haben beide Extreme erlebt"
Im Vorfeld von Psychologen und Medienexperten geäußerte Befürchtungen, Kampusch könnte sich in dieser für sie ungewohnten Rolle als Moderatorin bloßstellen, bewahrheiteten sich nicht. Sie wirkte schüchtern, aber charmant. Über Unsicherheiten half ihr Lauda unkompliziert hinweg. Der 59-Jährige war stets bemüht, Verknüpfungspunkte zwischen seinem Schicksal und dem des Entführungsopfers herzustellen: "Wir haben beide auf verschiedene Arten Extreme erlebt."

Stirnrunzeln bei Zuschauern
Kampusch selbst war mit einer geschulten Moderatorin freilich nicht zu vergleichen. Schon ihre erste Frage an den ehemaligen Formel 1-Fahrer ließ den Zuschauer die Stirn runzeln. "Ihnen macht es nichts aus, bei der ersten Sendung dabei zu sein. Wieso?", fragte die Wienerin. Lauda antwortete, es habe ihn interessiert, weil er glaube, dass "die Sendung sicher anders sein wird" und es sich nicht um ein traditionelles Interview handle.

Experiment mit „Aufwandsentschädigung“

Die Sendung auf Puls 4 ist für Kampusch ein Experiment, das zunächst auf sechs Sendungen angelegt ist, sagte ihr Medienberater Dusan Uzelac. Kampusch sieht ihr Engagement für den neuen Privatsender als "Möglichkeit zur Ausbildung", so Uzelac, weshalb sie für die Sendungen auch kein Honorar bekommt, sondern lediglich eine "Aufwandsentschädigung".

Kampusch bekommt Verkaufserlös
Sollte Puls 4 Teile der Sendungen an andere Fernsehstationen verkaufen, bekommt Kampusch aber den Großteil des Erlöses, räumte Senderchef Markus Breitenecker ein. Welche Quote er sich mit der ersten Talkshow erwartet, wollte Breitenecker nicht verraten. Sie soll über Senderschnitt liegen und der bewegt sich bei 1,1 Prozent Marktanteil. Auch über den Termin der Folgesendung oder die nächsten Gäste wollte man keine Auskunft geben. Nur soviel: Sie müssen nicht immer ein "Opferschicksal" im Gepäck haben, so Sendungsverantwortliche Sandra Mrkwa. Das eigene Image als Opfer abzulegen ist auch Natascha Kampuschs innigster Wunsch an die Sendung, verriet ihr Medienberater. Vorangegangen sei der Idee zur Sendung die Frage der 20-Jährigen: "Glauben Sie nicht, dass ich mehr wert bin, als nur ein Mädchen aus dem Keller zu sein?"

Erste Sendung laut Puls 4 ein Erfolg
Insgesamt haben 114.000 Menschen Natascha Kampuschs Talk-Debüt auf den heimischen Bildschirmen verfolgt. Das entspricht einem Marktanteil von 4,7 Prozent. Für Puls 4 war der Talk zwischen dem Entführungsopfer und Niki Lauda ein Erfolg - verglichen mit den bisherigen Einschaltquoten. "Natascha Kampusch trifft" sei seit dem Sendestart am 28. Jänner das erfolgreichste Format auf Puls 4 gewesen, ließ der Sender am Montag wissen.

Zu Beginn der Sendung um 20.15 Uhr schalteten bis zu 134.000 Menschen ein. Zum Vergleich: Auf ORF 1 sahen sich zeitgleich 329.000 Menschen den Thriller "Collateral" (13 Prozent Marktanteil) an, bei der Romanze von Lilly Schoenauer auf ORF 2 waren 697.000 Österreicher (28 Prozent Marktanteil) dabei. Überholen konnte Puls 4 hingegen den Privatsender ATV, der mit dem Film "Ernst sein ist alles" um 20.15 Uhr durchschnittlich 76.000 Zuseher erreichte.

Es können allerdings noch nicht alle den jungen Sender empfangen. Bislang erreicht der Sender lediglich 61 Prozent - über 2,1 Millionen - aller österreichischen TV-Haushalte.

Die erste Sendung wird am 3. Juni um 22.15 Uhr wiederholt.

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