"Nur der Tod ..."

Rechtsextremisten auf Migranten-Jagd in Ungarn

Ausland
15.07.2015 12:23
"Nur der Tod kann der Lohn sein für Einwanderer": Mit derartigen Sprüchen rufen rechtsextreme, paramilitärische Vereine in Ungarn ihre Mitglieder zur Jagd auf Flüchtlinge auf. Gruppen, die zur Solidarität mit den Migranten aufrufen, leben zugleich gefährlich. Vor diesem Hintergrund hat die rechtskonservative Regierung von Premier Viktor Orban mit dem Bau einer 175 Kilometer langen eisernen Grenzsperre zu Serbien begonnen - zum Schutz des Landes vor Einwandern.

Mit der eingangs zitierten Todesdrohung gegen Migranten als Aufschrift auf ihren T-Shirts posierten etwa Mitglieder der rechtsextremen Organisation "Betyarsereg" am vergangenen Wochenende bei ihrem Vereinstreffen vor Fotografen. Das ungarische Portal "C-Press" stellte daher am Dienstag die Frage, ob "Betyarsereg" damit nicht alle Formen der Hetze gegen Minderheiten und der Anstiftung zum Mord ausgeschöpft habe. "Betyarsereg" ist eine Anspielung auf alte ungarische Mythen, die Wegelagerer und Geächteten des 19. Jahrhunderts.

Neben "Betyarsereg" ist auch die rechtsradikale Jugendorganisation "64 Burgkomitate" (HVIM) aktiv. Sie organisierte eine Anti-Flüchtlingsdemo unter dem Motto: "Die Zeit ist reif! Wir müssen uns verteidigen! Ungarn ist kein Flüchtlingslager!" Der Kopf der Bewegung, der ehemalige Parlamentsabgeordnete der rechtsradikalen Jobbik-Partei, György Gyula Zagyva, blies zum Kampf "gegen die einfallenden Horden aus Afrika".

Anti-Migranten-Aktionen am Budapester Bahnhof
Anhänger der Organisation gingen auf Patrouille am Budapester Ostbahnhof, um die Migranten zu vertreiben. "Budapest gehört uns, wir werden es verteidigen", zitierte der Sender "deres.TV" Mitglieder der Bewegung. HVIM werde Busse mit Freiwilligen an die ungarisch-serbische Grenze schicken. Die sollen das Land schützen, sagt Zagyva und rührt die Werbetrommel: "Während die Polizei unfähig ist, die Migranten an dem 200 Kilometer langen Grenzabschnitt zu fassen, werden wir ihnen beweisen, dass es sich nicht lohnt, nach Ungarn zu kommen." HVIM will zudem weiter Dauer-Demonstrationen vor allen ungarischen Flüchtlingslagern organisieren.

Auch die in Ungarn populärste Fußball-Fangruppierung namens "Ultras Liberi" reiht sich lautstark ein. Die Ultras müssten sich aktiv für die Zurückdrängung der Einwanderer einsetzen, sagte Chefredakteur Zsolt B. gegenüber dem Portal "PestiSracok.hu" und tat rassistische Sprüche auf der Website als Witze ab. Inzwischen wurde auf Initiative ungarischer Liberaler das Facebook-Profil von "Ultras Liberi" verboten.

Auch Asyl-Aktivisten immer stärker aktiv
Damit noch nicht genug, machen Nachfolgeorganisationen der verbotenen paramilitärischen "Ungarischen Garde" ebenfalls gegen Einwanderer mobil. Zugleich werden aber auch Asyl-Aktivisten immer stärker aktiv. "Flüchtlinge sind auch Menschen" und "Einwanderer sind keine Terroristen", hieß es bei ihren Gegenprotesten. In der südungarischen Stadt Szeged hat das Hilfsteam "MigSzol Szeged" bereits 1.500 freiwillige Helfer organisiert, die Flüchtlinge versorgen. "MigSzol Szeged" war zugleich aber auch Angriffen von Skinheads ausgesetzt.

Ungarns Regierung erntet mit ihrer strengen Flüchtlingspolitik und ausländerfeindlichen Kampagnen seit Längerem Kritik in Europa. Premier Orban hatte immer wieder betont, er wolle mit verschärften Gesetzen die Einwanderung stoppen. International wurde kritisiert, dass sich Ungarn vom Flüchtlingsrecht verabschiede. Doch Orban argumentierte, er wolle Ungarn "als Ungarn bewahren" und "Multikulti" an der ungarischen Donau verhindern.

Knapp 80.000 Asylanträge seit Jahresbeginn
Dazu muss anerkannt werden, dass Ungarn mit dem Problem der illegalen Einwanderung hart zu kämpfen hat. Das wird auch in Brüssel nicht angezweifelt. Angesichts der wachsenden Zahlen von Flüchtlingen wird das Land gegenwärtig mit einem enormen Anstieg der Asylanträge konfrontiert, sagte Außenminister Peter Szijjarto. Nach Angaben des Innenministeriums haben seit Anfang des Jahres bereits 78.190 Personen die ungarische Grenze illegal überquert. 77.600 (99 Prozent) davon kamen über die EU-Außengrenze zu Serbien.

Dennoch war der Plan der Regierung, an der ungarisch-serbischen Grenze einen eisernen Zaun zu errichten, bei zahlreichen Oppositionsparteien auf heftige Kritik gestoßen. Als "Eiserner Vorhang", "Berliner Mauer" und "palästinensisches Ghetto" wurde die Absperrung bezeichnet. Zuspruch bekam die Regierung lediglich von der rechtsradikalen Jobbik-Partei, der zweitstärksten Partei im Parlament. Aus ihren Reihen soll laut "C-Press" auch Sympathie für das Anti-Migranten-T-Shirt von "Betyarsereg" mit der Aufschrift "Nur der Tod kann der Lohn sein für Einwanderer" kommen. Ein Kommunalpolitiker sagte, er würde sofort drei solcher Shirts übereinander anziehen, wenn er sie wo kaufen könne...

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