Schäuble-Idee

Kommt bald eine EU-weite “Flüchtlingssteuer”?

Ausland
10.10.2015 13:54
In der EU wächst die Sorge, dass zur Bewältigung der Flüchtlingskrise nicht genug Finanzmittel vorhanden sind. Nun könnte schon bald eine europaweite Steuererhöhung das nötige Geld bringen: Berlin und Brüssel sollen einem Zeitungsbericht zufolge die Einführung von Sondersteuern zur Grenzsicherung und zur Versorgung der Schutz Suchenden in Erwägung ziehen. Wie hoch eine solche "Flüchtlingssteuer" ausfallen könnte, sei demnach aber noch völlig offen. Die deutsche Regierung dementiert.

Derzeit würden informelle Gespräche geführt, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" am Samstag. Zusatzeinnahmen könnten aus einem Aufschlag auf Mineralölsteuern oder die Mehrwertsteuern der EU-Staaten fließen, hieß es. Die Einnahmen könnten direkt an den EU-Haushalt überwiesen werden.

Bericht: Steuer von Schäuble angeregt
Das Geld solle dann verwendet werden, um die EU-Staaten bei der Sicherung der Außengrenzen zu unterstützen, sowie, um sicheren Herkunftsländern bei der Aufnahme und Versorgung der Flüchtlinge zu helfen. Ein weiterer Teil solle in die Heimatländer der Flüchtlinge gehen, um dort die Lebensbedingungen zu verbessern. Angeregt habe die "Flüchtlingssteuer" der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble, die meisten EU-Staaten würden den Vorschlag unterstützen, berichtete die "Süddeutsche".

Bekannt geworden sei der Vorschlag demnach am Rande der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds am vergangenen Donnerstag in Lima. Schäuble hatte in der peruanischen Hauptstadt erklärt, dass zusätzliche europäische Finanzmittel - das Wort Steuern nahm er dabei nicht in den Mund - erforderlich seien, um EU-Staaten mit Außengrenzen bei der Grenzsicherung zu unterstützen und in den Herkunftsländern der Flüchtlinge die Lebensbedingungen zu verbessern.

Die deutsche Regierung wies den Zeitungsbericht umgehend zurück. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte am Samstagvormittag in Berlin: "Es bleibt dabei: Weder wollen wir Steuererhöhungen in Deutschland, noch wollen wir die Einführung einer EU-Steuer."

Opposition warnt vor "Flüchtlingssteuer"
Auch die deutschen Oppositionsparteien warnten eindringlich vor einer Flüchtlingsabgabe per Mehrwertsteueraufschlag. "Solche Steuererhöhungen sind die unsozialsten Abgaben, da sie die kleinen Leute treffen und nicht die Verursacher der Fluchtbewegungen", sagte Linken-Parteichef Bernd Riexinger. Die Kosten für Aufnahme und Integration von Flüchtlingen dürften auf keinen Fall zulasten der europäischen Bevölkerung gehen - "das wäre Wasser auf die Mühlen rechter Brandstifter". Als "konsequente und gerechteste Lösung" schlug er eine EU-weite Vermögensabgabe vor.

Grünen-Chefin Simone Peter sprach sich ebenfalls gegen etwaige Flüchtlings-Steuerzuschläge aus: "Ein europäischer Soli für die weitere Abschottung von Flüchtlingen an Europas Außengrenzen ist zynisch angesichts der dramatischen Situation in und um die Krisengebiete."

Ökonom fordert faire Aufteilung der Kosten
Der Ökonomen Dennis Snower sprach sich indes dafür aus, die Flüchtlingskosten fair untereinander aufzuteilen. Das wäre viel sinnvoller und realistischer als eine Quote, sagte der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft. Länder, die viele Flüchtlinge aufnehmen, sollten von den anderen entschädigt werden. Trotz einer Quote würden die Menschen bei offenen Grenzen dorthin gehen, wohin sie wollen. Europa müsse auch eine Wertediskussion darüber führen, wie die Länder die UNO-Flüchtlingskonvention umsetzen.

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