"Formale Gründe"

Grundgesetz in Ungarn teilweise außer Kraft gesetzt

Ausland
28.12.2012 17:17
Der ungarische Verfassungsgerichtshof hat am Freitag einzelne Verfügungen des Grundgesetzes aufgehoben. Unter diesen befindet sich auch die umstrittene Pflicht zur Wählerregistrierung, die mit einer Zweidrittelmehrheit der Regierungsfraktion beschlossen und danach von Präsident Janos Ader beanstandet wurde.

In ihrem Entscheid stellten die Richter fest, dass das Parlament seine Berechtigung zur Gesetzgebung am 30. Dezember 2011 überschritten habe, als es unter vorübergehende Verfügungen des Grundgesetzes - die den Übergang von der alten Verfassung zum neuen Grundgesetz regulieren sollten - auch solche eingefügt habe, die langfristigen Charakter haben und allgemeine Regeln beinhalten. Aus diesem Grund wurden diese beanstandeten Verfügungen außer Kraft gesetzt.

Umstrittene Wählerregistrierung ebenfalls betroffen
Unter den betroffenen Übergangsgesetzen findet sich die verpflichtende Wählerregistrierung, die ab der kommenden Parlamentswahl im Jahr 2014 gelten soll. Sie schreibt Wahlberechtigten vor, sich bis 15 Tage vor dem Urnengang für diesen anzumelden, um zur Stimmabgabe zugelassen zu werden. Weitere Bestimmungen des Gesetzes beschränken die zeitliche und räumliche Ausgestaltung des Wahlkampfes.

Eine weitere beanstandete Verfügung besagt, dass im Falle einer durch einen Gerichtshof-Entscheid oder wegen einer durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vorgeschriebenen Zahlungsverpflichtung Ungarns eine neue Steuer eingehoben werden müsse, sollte das staatliche Budget keine ausreichenden Mittel zur Verfügung stellen können.

Richter führen Entscheidung auf "formale Gründe" zurück
Der Verfassungsgerichtshof hatte seine Arbeit aufgrund einer Anfrage des Ombudsmannes für Grundrechte, Mate Szabo, aufgenommen. Er hatte die Höchstrichter aufgerufen, die Verfassungsmäßigkeit einzelner Verfügungen des Grundgesetzes zu untersuchen, da diese seiner Ansicht nach die Kompetenzen des Parlaments übersteigen würden.

Die Höchstrichter betonten in ihrer Begründung des Urteils, dass die Verfügungen aus "formalen Verfahrensgründen" außer Kraft gesetzt worden seien. Die Bestimmungen, um die es geht, seien aber nicht inhaltlich, sondern lediglich auf ihre formalen Aspekte überprüft worden.

Auch Präsident hat Wahlgesetz beanstandet
Die auch von Präsident Janos Ader, der ein Parteifreund Viktor Orbans und einer der Gründerväter der derzeitigen Regierungspartei Fidesz-MPSZ ist, beanstandete Reform des Wahlgesetzes - er rief Anfang Dezember das Verfassungsgericht zur Normenkontrolle des umstrittenen legislativen Vorhabens auf (siehe Infobox) - werde derzeit aber auch noch inhaltlich geprüft. Eine Entscheidung der Höchstrichter wird für Anfang Jänner erwartet. Die 30-tägige Frist für die Überprüfung des Gesetzes läuft am 5. Jänner ab.

Regierung zeigt sich unbeeindruckt
Unbeeindruckt von der Entscheidung des Verfassungsgerichts zeigte sich die rechtskonservative Regierungspartei Orbans. Der Fraktionsvorsitzende Antal Rogan nahm den Richterentscheid zur Kenntnis, betonte aber, dass aufgrund der Tatsache, dass nur "Formfehler und keine Inhalte" beanstandet worden seien, keinerlei Bedarf "für inhaltliche Veränderungen" vorliege. Daher werde das Parlament im Februar die geforderten Änderungen rasch absegnen.

Opposition sieht "Missbrauch" der Zweidrittelmehrheit
Die oppositionellen Sozialisten sind naturgemäß anderer Meinung. Für sie belegt der Beschluss der Höchstrichter, dass Orbans Partei ihre Parlamentsmehrheit missbrauche.

Die neue Plattform "Gemeinsam 2014" von Ex-Premier Gordon Bajnai forderte das "Zweidrittelregime" von Premier Viktor Orban auf, nach dem Verfassungsentscheid "keine Tricks anzustellen" und den "demokratischen Weg einzuschlagen".

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