Gesetz steht

Staatsschutz neu: Bezahlte Spitzel und Dreiersenat

Österreich
29.11.2015 16:23
Die Regierungsparteien haben sich auf das Staatsschutzgesetz geeinigt, wie SPÖ-Klubchef Andreas Schieder und ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka am Sonntag bekannt gaben. Dieses sieht unter anderem vor, dass der Staatsschutz nur noch bei Gewaltbedrohungen wie Terrorismus oder Spionage aktiv werden darf. Zudem wird ein unabhängiger Dreiersenat Ermittlungstätigkeiten kontrollieren sowie den Einsatz von verdeckten Ermittlern genehmigen. Auch eine Zentralisierung des Verfassungsschutzes ist im Gesetz vorgesehen. Dieses soll im Jänner im Nationalrat beschlossen werden und wie vorgesehen Mitte 2016 in Kraft treten.

Ein Konfliktpunkt war bisher der Rechtsschutz: Diesbezüglich hat man sich als Kompromiss nun auf einen Dreiersenat mit einem Vorsitzenden und zwei Stellvertretern geeinigt. Mindestens ein Mitglied muss langjähriger Richter oder Staatsanwalt - zumindest zehn Jahre - sein. Dieser Rechtsschutzbeauftragte ist dem entsprechenden Unterausschuss im Nationalrat berichtspflichtig und kann sich auch von sich aus ans Parlament wenden, womit SPÖ und ÖVP auch eine verstärkte parlamentarische Kontrolle sehen.

Senat genehmigt Einsatz von "V-Personen"
Weiters soll der Rechtsschutzsenat unabhängig sein und die Tätigkeiten der Ermittler - die mit dem neuen Gesetz im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung gebündelt werden - kurz BVT - kontrollieren bzw. spezielle Maßnahmen, darunter auch den Einsatz der viel diskutierten verdeckten Ermittler ("V-Personen") genehmigen.

Für konkrete Informationen sollen die "Polizei-Spitzel" - wie es übrigens in der Strafprozessordnung schon seit 2008 geregelt ist - auch bezahlt werden bzw. einen Bonus bekommen.

Staatsschutz wird nur bei Gewaltbedrohung aktiv
Wichtig waren der SPÖ auch noch zwei weitere Punkte: Die Tatbestände, bei denen der Staatsschutz überhaupt aktiv werden darf, wurden laut Schieder ganz konkret auf die Gewaltbedrohung durch Extremismus, Terrorismus, Spionage oder Proliferation (Verbreitung von Massenvernichtungswaffen) hin formuliert. Die "Wahrung des öffentlichen Ansehens" dagegen ist nicht mehr Job der Staatsschützer.

Datenspeicherung bis zu sechs Jahren
Ziel des neuen Gesetzes ist die Gefahrenabwehr schon vor einem konkreten Anschlag - dafür sollen Daten etwa von "Syrien-Rückkehrern" künftig von zwei bis zu sechs Jahren gespeichert bleiben.

Zentralisierung des Verfassungsschutzes
Das neue Staatsschutzgesetz bringt eine Zentralisierung des Verfassungsschutzes: Die Landesämter sollen zugunsten zentral gesteuerter Polizeieinheiten aufgelöst werden, kündigten der SPÖ-Klubchef und sein ÖVP-Gegenüber an. Diese sind direkt dem BVT unterstellt. Somit sei sichergestellt, dass für die "sensiblen Befugnisse" der Ermittler nicht neun unterschiedliche Standards entstünden, hieß es.

Mikl-Leitner: "Für Kampf gegen den Terror gerüstet"
Dank der Einigung auf das neue Staatsschutzgesetz sei Österreich "für den Kampf gegen den Terror und die Bedrohungen im 21. Jahrhundert bestmöglich gerüstet", freute sich am Sonntag Innenministerin Johanna Mikl-Leitner.

Von Anfang an habe man alle Sicherheitssprecher der Parlamentsparteien eingebunden. Ziel sei ein breiter Diskurs um eine der wesentlichen Zukunftsfragen gewesen, bei dem man die Erwartungen der Bevölkerung berücksichtigen wollte. Es sei um einen gesellschaftlichen und politischen Konsens darüber gegangen, wie man die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit für die Bürger wahren könne und was dafür notwendig sei. Nun habe man es geschafft, so Mikl-Leitner. Durch die Sorgfalt und die Expertise der Beamten habe man auch die letzten Bedenken ausräumen können, betonte die Innenministerin.

Pendl: "Gutes Gesetz"
SPÖ-Sicherheitssprecher Otto Pendl sieht nun ein "gutes Gesetz" vorliegen, und sein Gegenüber Werner Amon betonte, es handle sich mitnichten um "Anlassgesetzgebung" angesichts der Anschläge in Paris. Man habe lange und sorgfältig daran gearbeitet.

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