"Panne unerträglich"

13-jähriger Bombenbauer von Salafist betreut

Ausland
11.07.2017 08:42

Im Dezember 2016 wollte ein damals Zwölfjähriger im deutschen Ludwigshafen zwei Nagelbomben zünden. Die mutmaßlichen Anschläge misslangen, es wurde bekannt, dass der Bub stark religiös radikalisiert gewesen sei und sich sogar in Syrien dem IS anschließen habe wollen. Nun fand ein Politikmagazin heraus: Der inzwischen 13-jährige Teenager, der strafunmündig und an einem unbekannten Ort untergebracht ist, wurde nach seiner Unterbringung unter anderem von einem Salafisten psychologisch betreut.

Das Magazin "Focus" berichtete nach dem Fund der Nagelbombe in Ludwigshafen über die brisanten Details: Demnach soll der Bub zunächst Ende November beim Weihnachtsmarkt der Stadt einen Sprengsatz deponiert haben. Als dieser nicht zündete, wagte er am 5. Dezember einen weiteren Versuch und versteckte nahe dem Rathaus einen Rucksack mit einem mit Sprengpulver gefüllten und mit Nägeln präparierten Konservenglas in einem Gebüsch. Der Rucksack wurde nach einem Hinweis entdeckt.

Betreuer mit deutlich salafistischem Hintergrund
Die Staatsanwaltschaft nahm keine Ermittlungen gegen das in Ludwigshafen geborene und aufgewachsene, strafunmündige Kind auf, das im Sommer sogar mit dem Gedanken gespielt habe, sich in Syrien dem Islamischen Staat anzuschließen. Der Bub wurde in einer geschützten Einrichtung untergebracht, wo sich seitdem mehrere Personen um ihn kümmern. Nun kam heraus: Eine dieser Personen soll einen deutlich salafistischen Hintergrund haben.

Laut dem ARD-Politikmagazin "Report Mainz" habe der 30-Jährige aus Baden-Württemberg den Teenager über Wochen psychologisch betreut, was vom zuständigen Ministerium auch bestätigt worden sei. Als sich bei einer "Sicherheits- und Zuverlässigkeitsüberprüfung der Verdacht begründete, dass eine Nähe zu islamistischen Kreisen bestehen könnte", habe das Jugendministerium umgehend veranlasst, "dass der Mann noch am gleichen Tag aus der Betreuung abgezogen wurde".

Viele Verdachtspunkte bei 30-jährigem Psychologen
Der Betreuer habe dem Bericht zufolge im Jahr 2013 aktiv an der inzwischen in Deutschland verbotenen Koran-Verteilaktion "Lies!" teilgenommen und auf Facebook antiisraelische Karikaturen sowie Videos und Fotos von Salafistengrößen geteilt. Im März 2014 habe er als Ordner bei einer Kundgebung von führenden Salafisten-Predigern - darunter Pierre Vogel und Ibrahim Abou-Nagie - fungiert, zudem sei er regelmäßiger Besucher einer Mannheimer Moschee, die vom Verfassungsschutz beobachtet werde, da sie als Anlaufstelle für Salafisten gelte.

Der Psychologe sei von einem freien Jugendhilfeträger eingesetzt worden, die freiwillige Sicherheitsüberprüfung sei aber erst abgeschlossen gewesen, nachdem der Mann den 13-Jährigen bereits über rund sechs Wochen betreut habe, so der Bericht. Laut "Report Mainz" soll der Psychologe den Teenager auch im Koran unterrichtet und mit ihm gebetet haben. Dies - "eine kritische und begleitende Auseinandersetzung mit der bisherigen religiösen Orientierung" des Buben - allerdings sehe das Jugendamt Ludwigshafen als "zum Betreuungskonzept" gehörend.

Globaler-Islam-Leiterin: "Unerträgliche Panne"
Die Leiterin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam, Susanne Schröter, sieht die Vorgänge dem Bericht zufolge als "unerträgliche Panne", die dazu führe, dass "Deradikalisierungsbemühungen wieder ganz von vorne beginnen müssten". Auch der Islamwissenschaftler Michael Kiefer sagte dem Politikmagazin, dass "auf keinen Fall passieren" dürfe, dass "ein Akteur der neosalafistischen Szene mit einem jungen Schützling, der einen Anschlag ausführen wollte, in einer Hilfemaßnahme in Verbindung kommt".

Inzwischen sei die Praxis der Sicherheits- und Zuverlässigkeitsprüfung der Betreuer geändert worden: Bei Neueinstellungen erfolge die Überprüfung nun bereits vor Aufnahme der Tätigkeit.

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