Durch die Corona-Krise muss unsere Überflussgesellschaft nun erkennen, dass auch ihr Grenzen gesetzt sind. Geschäfte mit nicht systemrelevanten Produkten und Dienstleistungen werden geschlossen. Schulschließungen belasten die Wirtschaft und die Familien. Weiters gibt es Ausgangsbeschränkungen für uns alle. Manche trifft es stärker, manche weniger. All das ist sehr bedauerlich, und viele Menschen leiden sehr unter diesen bis vor acht Monaten undenkbaren Maßnahmen. Psychologen haben Hochkonjunktur, um seelische Folgeschäden für viele von uns so weit wie möglich zu vermeiden. Andererseits sollte uns aber doch immer bewusst sein, dass wir alle genug zu essen, ein Dach über dem Kopf haben, spazieren gehen dürfen, mit Freunden und Verwandten über Telefon und soziale Medien kommunizieren können und vor allem keine unmittelbare Angst um unser Leben haben müssen. Auch unsere finanziellen Probleme werden von der Politik weitgehend entschärft. Außerdem sind diese notwendigen Eingriffe in unser gesellschaftliches Leben alle temporär begrenzt, und wir wissen, dass wir in absehbarer Zeit unser gewohntes Leben zurückbekommen. Wir sollten uns auch vergegenwärtigen, dass dies alles in vielen Teilen der Welt absolut keine Selbstverständlichkeit ist. Es wäre vielleicht auch hilfreich, Gespräche mit Mitbürgern der älteren Generation, die den Krieg und seine katastrophalen Folgen erlebt haben, zu führen. Oder werden wir uns wieder einmal bewusst, dass auf der Welt in drei Minuten so viele Kinder verhungern, wie die gesamte Corona-Krise in Österreich bisher Opfer gefordert hat. Um eine allseits bekannte, an anderer Stelle völlig unpassende Floskel zu verwenden: „Wir schaffen das!“
Alexander Neumann, Grünberg am Schneeberg
Erschienen am So, 15.11.2020
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