Steuerreform-Streit

SP-Expertengruppe spricht sich für Entlastung aus

Österreich
18.03.2008 21:24
Nach einer Tagung der SPÖ-Expertengruppe bekräftigte Bundeskanzler Gusenbauer (SPÖ) am Dienstag einmal mehr seinen Standpunkt, wonach aufgrund der wirtschaftlichen Situation eine rasche Steuersenkung nötig sei. Vizekanzler Molterer formulierte indes "Voraussetzungen" für die Weiterarbeit in der Koalition. Der Kanzler meinte dazu, dies sei "wahrscheinlich nicht die beste Begleiterscheinung für Gespräche".

Die Regierung habe einen Arbeitsplan und genug zu tun. Gerade jetzt, wo sich die weltwirtschaftliche Lage eintrübe, sei eigentliche "keine Zeit für blöde Spielereien", betonte Gusenbauer. Angesichts der Finanzkrise gelte es, rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen - und nicht Ultimaten auszurufen oder Neuwahlen zu verlangen, so der Kanzler weiter.

Lacina: SPÖ Anfang April verhandlungsbereit
Nach der Sitzung  am Dienstag drängten Ex-Finanzminister Ferdinand Lacina (SPÖ) und Wifo-Konjunkturexperte Markus Marterbauer auf eine steuerliche Entlastungen für kleine und mittlere Einkommen mit 1. Jänner 2009. Sie argumentierten mit der weltwirtschaftlichen Lage, also der sich abschwächenden Konjunktur. Diese erfordere rechtzeitige Maßnahmen, auch wenn das Nulldefizit 2009 nicht erreicht werden kann. Die SPÖ wird laut Lacina (Bild) Anfang April "verhandlungsbereit" sein.

Dann werden die Steuerreformvorschläge so weit präzisiert sein, "dass keine Missverständnisse entstehen können", sagte der frühere Finanzminister. Als Eckpunkte der SPÖ-Vorschläge nannte er: Entlastung der niedrigen und mittleren Einkommen über die Steuertarife; für Familien - vor allem Alleinerzieherinnen - Unterstützung für Kinderbetreuung durch Direktzahlungen; Sicherung des Gesundheitssystems (wobei etwa der Vorschlag, Vermögenszuwächse bei Veräußerung zu besteuern, ein sinnvoller sei) sowie in "bescheidenem Ausmaß" Investitionsbegünstigungen für Unternehmen.

Als Volumen sei ein Prozent des BIP, also rund drei Milliarden Euro, ja "weitgehend akkordiert", betonte Marterbauer. Die Frage sei freilich, wer vorrangig entlastet werden soll. Lacina und Marterbauer halten Maßnahmen bei kleinen bis mittleren Einkommen für geboten - auch weil dort stärker die nötigen Effekte für Beschäftigung und Kaufkraft zu erwarten seien. Die Einkommensgrenze für die "mittleren" Einkommen könnte wohl auch etwas unter 4.000 Euro liegen, merkte Lacina an.

Steuersenkung ab 1. Jänner 2009 als Ziel
Er nannte es "vernünftig", den 1. Jänner 2009 für eine Steuerentlastung ins Auge zu fassen; etwaige strukturelle Reformschritte könnten auch später folgen. Für Marterbauer sind die letzten Meldungen aus den USA "besorgniserregend", Maßnahmen schon 2009 zu setzen wäre "definitiv besser geeignet" als 2010. Denn solche Konjunktureinbrüche würden in der Regel ein bis zwei Jahre dauern, könnten also 2010/11 schon wieder vorbei sein.

Dem ÖVP-Argument, man dürfe eine Steuerreform erst durchführen, wenn man sie sich leisten kann, trat Marterbauer entgegen: Er kenne keine Steuerreform, bei der man von einem ausgeglichenen Haushalt ausgegangen sei. Und wenn jetzt die Konjunktur einbricht, sei es durchaus sinnvoll, ein Defizit in Kauf zu nehmen, um ein Steigen der Arbeitslosigkeit zu verhindern. Die Budgetkonsolidierung sei ein Ziel für die Zeiten guter Konjunktur. Jetzt aber sollte man nicht den Fehler des Jahres 2001 wiederholen, als bei schlechter Konjunktur die Steuern stark erhöht wurden, nur um ein Nulldefizit zu erreichen.

Nicht recht begeistert zeigte sich Lacina vom "Gusenbauer-Hunderter" zur Linderung der Inflationsfolgen. Er sei auch deshalb für eine vorgezogene Steuerreform, weil sie nachhaltige Effekte setze, "meine Präferenzen liegen eindeutig bei nachhaltigen Maßnahmen", sagte der Ex-Finanzminister.

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