Einfach abgeknallt

Jäger hat abgängige Ötscherbärin erschossen

Österreich
14.12.2007 17:29
Tierschützer bemühen sich seit 20 Jahren, die Braunbären in Österreich wieder anzusiedeln. Anfangs sehr erfolgreich: Gleich 31 Jungtiere kamen bereits in unseren Wäldern zu Welt. Doch immer mehr der drolligen Wildpfoten - insgesamt 23 Tiere - verschwanden. Jetzt fanden Kriminalisten den ersten DNA-Beweis, dass zumindest ein Braunbär abgeknallt wurde! Das berichtet die Kronen Zeitung.

Ein Jäger als Wilderer! "Anfangs konnten wir es gar nicht fassen. Wir wollten nicht glauben, dass ausgerechnet ein Weidmann ein einjähriges, also kleines Jungtier erlegt hat", ärgert sich Bärenanwalt Dr. Georg Rauer. Einer seiner bärigen Schützlinge wurde eiskalt abgeknallt. In einem Wald bei Türnitz (NÖ), heimlich wie von einem Wilderer. Gemunkelt und getuschelt war an den Stammtischen schon immer worden. Von wackeren Weidmännern, die der Versuchung nicht widerstehen konnten, einmal im Leben einen "Meister Petz" im eigenen Revier zur Strecke zu bringen, war die Rede...

Nicht einmal Kadaver wurden gefunden
Hatten sich Tierschützer anfangs über den Bärenzuwachs gefreut, wich die Freude bald der Fassungslosigkeit: Immer mehr der Pelzträger verschwanden. Spurlos, ja nicht einmal Kadaver wurden im Unterholz oder in Felshöhlen gefunden. Die Bärenpopulation sank erschreckend: vom Höchststand mit 34 Tieren auf heute 4 (!) beobachtete Stück.

Unter anderem verschwand die überaus auffällige Bärin Christl in den dunklen Wäldern des Ötschergebietes. Trotz elektronischer Senderüberwachung mit Halsband- und Ohrenmarkensender war die Pelztierdame von einem Tag auf den anderen wie vom Erdboden verschluckt. Lange Zeit tappten die Tierschützer im Dunkeln.

Bärenfell wies den Weg zum Wilderer
Erst als sich das NÖ-Landeskriminalamt und Laborprofis des Bundeskriminalamtes einschalteten, kam Licht in die dunkle Geschichte! "Dank eines genetischen Fingerabdrucks erlangten wir den klaren Beweis, dass es sich bei dem ausgestopften Tier um einen Ötscherbären handelt", erzählt ein Fahnder der Umweltgruppe von den Nachforschungen im verschwiegenen Milieu.

Anhand des DNA-Tests am Bärenfell wurde aufgedeckt, dass das präparierte Jungtier im Kellerstüberl eines Jägers nicht - wie er seiner Frau und Kameraden immer stolz erzählt hatte - aus Rumänien stammte. "J93", so der Kodename des erlegten Bärenjährlings, stammt eindeutig von der Ötscherbärin Cilka ab und ist in Österreich erlegt worden. Vor etwa 13 Jahren, von einem mittlerweile verstorbenen Jäger aus dem Bezirk Lilienfeld (NÖ).

Trophäenjagd oder eine Verwechslung?
Jägerlatein hin, Stammtischgerede her. "Dass es sich bei diesem getöteten Jährling um keinen Problembären gehandelt hat steht fest", fasst Tierschützer Dr. Georg Rauer, selbst geprüfter Jäger, die Untersuchung zusammen.

Ob es einstens pure Trophäenjagd war oder ob der damals 54-jährige Niederösterreicher das Bärenweibchen mit einem anderen Wild verwechselt hat, wird wohl nie geklärt werden.

Dass so genannte Problembären tatsächlich zu durchaus gefährlichen Situationen führen können, ist unbestritten. So hat damals etwa zur selben Zeit der Jäger Hans-Georg B. bei Gußwerk (Steiermark) einen echten Problembären erlegt - in Notwehr! Danach schilderte er die aufregendste Pirsch seines Lebens: "Ich hab aus etwa 90 Meter Entfernung den Bären gesehen. Er ist langsam auf mich zugetrottet. Da hab ich geschrien, aber er ist nur noch schneller auf mich zugerannt. Im Reflex hab ich gefeuert. Ich wollte ihn nicht töten, aber ich hab in dem Moment um mein Leben geschossen." Der erlegte Großbär wog 180 Kilo, und die Magenuntersuchung ergab, dass er ein Schaf verspeist hatte.

Vergangenes Jahr wiederum sorgte Braunbär Bruno fünf Wochen lang für Aufregung in Österreich und Bayern. Auf seiner Flucht wurde Bruno von einem Trupp ausgebildeter deutscher Jäger in die Enge getrieben und getötet. "JJ 1", so sein eigentlicher Name, stammte aus einem Naturpark im italienischen Trient. Im Alter von zwei Jahren ging er auf Reviersuche und tauchte erstmals im tirolerisch-bayerischen Grenzgebiet auf. Da er auf seinen Streifzügen 40 Schafe gerissen hatte, galt er als Problembär und wurde wegen "akuter Gefahr für Menschen" zum Töten freigegeben.

Wie auch immer: Die Jagdgesetze sind streng. "Wer einen Bären illegal abschießt, wird aus der Jägerschaft ausgeschlossen", so Peter Lebersorger, Generalsekretär des Landesjagdverbandes.

Von Christoph Matzl & Christoph Budin

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