Ziel verfehlt

Harte Landung für die Sojus

Wissenschaft
04.05.2003 12:17
Die Pannenserie bei Missionen der Internationalen Raumstation ISS reißt nicht ab. Bei seiner Rückkehr von der Station ist das neue russische Raumschiff "Sojus TMA-1" am Sonntagmorgen erheblich vom Kurs abgekommen.
Nach Mitteilung des Flugleitzentrums (FLZ) inKoroljow landete die Kapsel mit dem russischen Kommandanten NikolaiBudarin und seinen US-Astronautenkollegen Kenneth Browersox undDonald Pettit rund 460 Kilometer von dem vorgesehenen Ort entferntin der kasachischen Steppe. Die Flugbahn verlief wesentlich steilerals geplant mit einer entsprechend harten Landung. RussischeExperten schätzten, dass die Sojus-Besatzung dabei das Neunfacheder Erdanziehung ertragen musste. Die Raumfahrer seienaber wohlauf. Die Ursache für die Kursabweichung ist bislangnicht bekannt. Die Bergungsmannschaften seien erst etwa drei Stundennach der Landung vor Ort gewesen. Die Raumfahrer, zu denen indieser Zeit kein Funkkontakt bestand, hätten in der Zwischenzeitaber schon selbst ihre Kapselluke geöffnet, hieß es.
 
Nach fast einem halben Jahr auf der ISS kehrtendie US-Astronauten und ihr russischer Kollege gegen 4.07 Uhr MESZauf die Erde zurück. Erstmals landeten US-Astronauten miteiner russischen Raumkapsel in Kasachstan.
 
Fatale Folgen für bemannte Raumfahrt?
Sollte sich der Grund für den Zwischenfall alsschwerwiegend erweisen, worauf sehr vieles hindeutet, hättedas fatale Folgen für das ISS-Programm. Denn bereits durchden Ausfall der US-Shuttles nach der "Columbia"-Katastrophe vom1. Februar gilt für die Station nur ein Notdienst. Ein Ausfallder "Sojus"-Schiffe, die als einzige noch die ISS ansteuern können,würde das vorläufige Ende des bemannten Betriebs bedeuten.Die Russen hielten sich am Sonntagvormittag noch bedeckt, dochda gleichzeitig auch amerikanische Astronauten an Bord waren,kann nichts unter den Teppich gekehrt werden.
 
Veraltete Fallschirmlandetechnik
Kursabweichungen waren bei Missionen mit russischenRaumschiffen schon mehrfach aufgetreten. Ursache waren dabei zumeistTriebwerksprobleme, wie etwa 1979 bei "Sojus 33". Zudem stammtdie "Sojus"-Fallschirmlandetechnik noch aus den 60er Jahren. Dasunfreiwillige Motto lautet dabei: Soweit der Wind uns trägt.Abweichungen von 40 Kilometern vom geplanten Ziel gelten deswegendurchaus als "Punktlandung".
 
Budarin hatte keinen "Führerschein"
Die TMA-Version ist die vierte Generation der "Sojus"-Raumschiffe,die seit 1967 fliegen und jetzt als ISS-Rettungsboote ihren Diensttun. Budarin hat allerdings für diese neue Kapsel keinen"Führerschein", sondern nur eine kurze fernmündlicheEinweisung erhalten. Normalerweise werden die ISS-Stammbesatzungenvon den US-Raumfähren zur Station gebracht und auch wiederabgeholt. Nach dem Shuttle-Startverbot mussten Budarin, Browersoxund Pettit aber mit der "Sojus TMA-1"-Kapsel landen, die seitNovember vergangenen Jahres an der ISS angedockt war. Die Kapselwar zuvor nicht unbemannt erprobt worden. Es handelte sich hieralso auch um die erste Landung eines solchen Schiffes überhaupt.
 
Doppelter Härtetest für US-Astronauten
Für Browersox und Pettit, die bis dato nur diesoften Shuttle-Landungen kannten, war der Ritt auf der russischenTechnik ein doppelter Härtetest im wahrsten Sinne des Wortes.Denn die tonnenschweren "Sojus"-Kapseln kommen in der kasachischenSteppe ziemlich unsanft am Fallschirm herunter. Was die Russendabei als "weich" bezeichnen, qualifizierten ihre westlichen Kollegen,so der deutsche Astronaut Thomas Reiter, schon mal als "sportlich".Andere waren weniger höflich und verglichen die Landung mitdem Aufprall einer Kokosnuss auf einer Marmorplatte. Deutschlandserster Raumfahrer, Sigmund Jähn, trug gar 1978 einen bleibendenRückenschaden davon, als sich sein Raumschiff dreimal überschlug.
 
Dabei können die Amerikaner noch von Glückreden. Denn die neue "Sojus "-Kapsel verfügt gegenüberden Vorgängern schon über ein erheblich verbessertesSystem für eine weiche Landung und auch über weitauskomfortabler gefederte Schalensitze. Beides wurde übrigensnicht zuletzt auf Betreiben und mit dem Geld der Nasa eingebaut.
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