Fahrlässig gehandelt

IWF-Chefin Lagarde: Schuldig, aber keine Strafe

Wirtschaft
20.12.2016 00:14

Der Gerichtshof der Republik in Paris hat die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, schuldig gesprochen, als frühere französische Finanzministerin mit einer fahrlässigen Entscheidung die Veruntreuung von Staatsgeldern ermöglicht zu haben. Eine Strafe wurde am Montag aber nicht verhängt. Der IWF hat seiner Chefin auch nach dem Urteil das Vertrauen ausgesprochen.

Lagarde saß wegen einer staatlichen Schadenersatzzahlung von mehr als 400 Millionen Euro an den schillernden Ex-Minister und Geschäftsmann Bernard Tapie im Jahr 2008 auf der Anklagebank. Ihr wurde Fahrlässigkeit im Amt vorgeworfen, weil sie grünes Licht für die Zahlung gegeben hatte. Lagarde stimmte 2007 einem Schiedsverfahren zu, um einen langwierigen und höchst komplexen Rechtsstreit mit dem 73-Jährigen beizulegen. Als die Schiedsmänner dem Unternehmer daraufhin die hohe Summe von mehr als 400 Millionen Euro zusprachen, verzichtete Lagarde auf einen Einspruch. Das Gericht kreidete Lagarde an, diesen Einspruch nicht eingelegt zu haben.

Sowohl Lagardes Verteidiger als auch die Staatsanwaltschaft hatten einen Freispruch gefordert. "Ich bin ziemlich enttäuscht", sagte Patrick Maisonneuve nach der Urteilsverkündung. Er ließ es offen, ob Lagarde gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen wird. Lagarde selbst hatte zum Ende der Verhandlung am Freitag erneut beteuert, nach bestem Gewissen gehandelt zu haben. Als das Urteil bekannt wude, war Lagarde laut ihrem Anwalt bereits in Washington.

Lagarde war von 2007 bis 2011 Wirtschafts- und Finanzministerin unter dem damaligen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy. In dieser Funktion war sie maßgeblich für Frankreichs Reaktion auf die internationale Finanzkrise verantwortlich, die mit dem Platzen der Immobilienblase in den USA begonnen hatte.

Muss Lagarde ihr Amt nun aufgeben?
Nach dem Rücktritt ihres Landsmanns Dominique Strauss-Kahn als geschäftsführender Direktor des Internationalen Währungsfonds übernahm Lagarde 2011 dessen Nachfolge. Welche Auswirkungen das Urteil für Lagarde hat, ist unklar. Laut früheren Angaben aus Kreisen des IWF gibt es keine Vorschrift, nach der Lagarde im Falle eine Verurteilung zwingend ihr Amt aufgeben müsste.

Der IWF sprach seiner Chefin Christine Lagarde auch nach dem Urteil das Vertrauen aus, wie der Vorstand am Montagabend in Washington erklärte. Zuvor hatte der Vorstand eine Krisensitzung abgehalten, bei der über mögliche Folgen des Urteils von Paris debattiert worden war.

Tapie muss die 400 Millionen Euro zurückzahlen
Das Schiedsverfahren im Rechtsstreit um Tapie erwies sich letztlich übrigens als eine schlechte Lösung. Inzwischen laufen Betrugsermittlungen gegen mehrere Beteiligte, weil es Verbindungen zwischen Tapie und einem der Schiedsleute gegeben haben soll. Der Schiedsspruch wurde deshalb bereits von Gerichten aufgehoben. Tapie wurde zudem verurteilt, die Entschädigung von rund 400 Millionen zurückzuzahlen. Die nach ihm benannte Affäre gilt als noch lange nicht beendet.

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