Außer Lebensgefahr

Tiroler Terror-Opfer: “Bin froh, dass ihr da seid”

Österreich
15.11.2015 18:15
Berührende erste Worte des 20-jährigen Tirolers Daniel, als er nach der Notoperation in einem Pariser Spital die Augen öffnete und seinen leiblichen Vater, seinen Ziehvater und einen befreundeten Arzt der Familie erkannte: "Ich bin so froh, dass ihr da seid!" Das rotweißrote Schussopfer des Geiselterrors ist außer Lebensgefahr, muss aber noch einige Tage auf der Intensivstation bleiben. Danach soll er heim nach Tirol überstellt werden.

Sonntagvormittag, Paris, Hôpital Universitaire Pitié-Salpêtrière: Passkontrolle am Eingang, das größte Krankenhaus Europas ist streng bewacht. Im Inneren herrscht eine bedrückende Stimmung, Menschen weinen, hoffen und bangen. Viele Opfer der Pariser Terroranschläge werden hier betreut. Unter ihnen auch der Tiroler Daniel B. (20). Der heimische Musikfan war in der Konzerthalle Bataclan von einer Kugel der Attentäter in den Bauch getroffen worden. "Die gute Nachricht vorweg: Daniel ist stabil und außer Lebensgefahr. Er liegt noch auf der Intensivstation", berichtet sein Vertrauensarzt Hermann Köhle im Gespräch mit der "Krone".

"Die Angst wurde immer größer"
Der Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin aus Imst ist ein Freund der Familie und hatte sich sofort mit Daniels leiblichem und dessen Ziehvater auf den Weg an die Seine gemacht. Dort begann die verzweifelte Suche nach dem jungen Mann."Die Botschaft hatte schon viel Vorarbeit geleistet und die großen Krankenhäuser der Stadt angerufen. Aber in keinem war ein Opfer zu finden, auf das die Beschreibung passte. Also haben wir einfach eine Liste aller Krankenhäuser genommen und sind nach einem Rasterplan eines nach dem anderen abgefahren", schilderte Köhle.

Doch nirgends konnte man helfen. "Die Lage wurde immer verzweifelter. Wir wussten auch, dass rund 25 Getötete noch nicht identifiziert waren, und da wurde die Angst immer größer." Eine Handyortung war nicht möglich, da das Handy wohl in Daniels Jacke im Zuge der Rettungsaktion zurückgeblieben war.

"Bin so froh, dass ihr da seid"
Als der Vater und Köhle schon endgültig zu verzweifeln drohten, läutete plötzlich das Handy des Vaters. Es meldete sich eine Krankenschwester eines großen Pariser Spitals und erzählte, dass der Gesuchte vor ihr liege. Der junge Tiroler war nach der Notoperation aufgewacht und hatte die Handynummer seines Vaters aufgeschrieben.

"Wir sind dann quer durch die Stadt zum Krankenhaus gefahren. Das Wiedersehen zwischen Sohn und Vater war sehr, sehr emotional", erzählte Köhle. "Ich bin so froh, dass ihr jetzt bei mir seid", sagte Daniel, als er die vertrauten Gesichter erkannte. Der Zustand des jungen Tirolers sei stabil, es bestehe keine Lebensgefahr mehr. Dennoch: "Er wurde mehrere Stunden operiert, ist erst am Samstagabend aus der Narkose erwacht. Er hat viel Blut verloren", so Köhle. Noch liegt der Patient daher auf der Intensivstation. Sobald er transportfähig ist, wird er per Ambulanzjet heim nach Tirol geflogen.

Außenminister Sebastian Kurz sicherte der Familie "in dieser unfassbar schweren Stunde" seine "volle Unterstützung" zu, hieß es. Seit dem Bekanntwerden des Geschehens sei man mit der Familie des Opfers in Kontakt gestanden. Tirols Landeshauptmann Günther Platter zeigte sich "sehr erleichtert", dass der junge Mann ausfindig gemacht werden konnte. Auch er sicherte dem betroffenen Mann aus dem Bezirk Imst und seiner Familie jegliche Unterstützung zu.

Österreicher werden von Botschaft betreut
Insgesamt waren mit dem Tiroler Duo White Miles, das im Vorprogramm der kalifornischen Band Eagles of Death Metal in der Pariser Konzerthalle Bataclan am Freitagabend auftrat, fünf Österreicher bei dem Konzert gewesen. Die Betroffenen würden von der österreichischen Botschaft betreut, an welchem Ort, wollte das Außenministerium nicht kommunizieren.

Auf die mit ungefähr 1000 Menschen ausverkaufte Konzerthalle wurde am Freitagabend der folgenschwerste Angriff verübt. Die Attacke begann gegen 21.30 Uhr und forderte fast 100 Tote. Kurz nach Mitternacht stürmten Einsatzkräfte der Polizei den Saal, in dem die Attentäter Geiseln genommen und wahllos in die Menge geschossen hatten.

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