Am Freitag hatte es nach einem Gespräch eine Einigung zwischen Ärzte ohne Grenzen und dem Innenministerium gegeben: Die NGO kann künftig in Traiskirchen unterwegs sein, "um akute medizinische Bedürfnisse rasch erkennen und darauf reagieren zu können". Dennoch sei einem Team seiner Organisation am Montag kein Zutritt ins Flüchtlingslager gewährt worden, erklärte der Österreich-Geschäftsführer Mario Thaler. Stattdessen entsandte das Ministerium selbst Ärzteteams ins überfüllte Erstaufnahmezentrum. Unter der Leitung des Chefarztes des Ressorts sollen sich Amtsärzte der Polizeidirektion Wien um die Asylwerber an Ort und Stelle kümmern, hieß es aus dem Ministerium.
Nach Thalers Darstellung hatte das Innenministerium allerdings am Freitag zugesichert, dass Ärzte ohne Grenzen am Montag eine unabhängige Untersuchung im Erstaufnahmezentrum durchführen könne. In einem Mailverkehr am Sonntagabend habe das Ministerium dann mitgeteilt, dass der Termin am Montag nicht möglich sei, weil man dafür einen Beamten abstellen müsse. Das Ressort habe deshalb eine Verschiebung auf Dienstag oder Mittwoch vorgeschlagen.
Verzögerung für NGO "nicht akzeptabel"
Eine solche Verzögerung ist für Ärzte ohne Grenzen jedoch nicht akzeptabel. Angesichts der Wetterlage mit Regen sei schnellstmögliches Handeln nötig. Es sei dringend, Lösungsvorschläge auszuarbeiten. Man sei auch am Vormittag mit dem Innenministerium in ständigem Kontakt gestanden. Ein Team von Ärzte ohne Grenzen mit Präsidentin Margaretha Maleh an der Spitze habe sich Montagmittag auf den Weg nach Traiskirchen gemacht. Man hoffe trotzdem, noch Zutritt ins Erstaufnahmezentrum zu bekommen, sagte Thaler.
Auch dass die Ärzte-ohne-Grenzen-Teams von Amtsärzten begleitet werden sollen, stößt der NGO sauer auf. Das sei "so nicht ausgemacht" gewesen, sagte Thaler, hier gebe es offenbar "Auffassungsunterschiede" mit dem Ministerium. Ein gemeinsamer Besuch mit Amtsärzten "kommt jedenfalls nicht infrage". "Wir bestehen auf einem unabhängigen Assessment", so Thaler. Entweder müsse Ärzte ohne Grenzen selbst ins Lager gehen, oder eine andere unabhängige Organisation. Die Unabhängigkeit sei auch wichtig, um eine Vertrauensbasis mit den Menschen aufbauen zu können. Zuvor hatte Amnesty International in einem Bericht die Lage in Traiskirchen als "unmenschlich" bezeichnet und zahlreiche Mängel - unter anderem bei der medizinischen Versorgung - aufgezeigt.
Auch Betreuer und Dolmetscher mit dabei
Das Innenministerium reagierte auf die Vorwürfe mit der Entsendung von mobilen Ärzteteams. Dabei handelt es sich um Teams aus jeweils vier Personen, die nicht nur aus Medizinern bestehen, so das Ministerium. Auch soziale Betreuer, Dolmetscher und Ministeriumsmitarbeiter zur Beantwortung organisatorischer Fragen sollen im Lager unterwegs sein.
Aus dem Ministerium hieß es, dass dies in Absprache mit der Gesundheitsbehörde, also der Bezirkshauptmannschaft Baden, geschehe. Traiskirchen sei derzeit die einzige Einrichtung für Asylwerber, in der mobile Ärzteteams im Einsatz sind. Die Kritik von Ärzte ohne Grenzen wies man zurück: Ein gemeinsamer Traiskirchen-Besuch der NGO mit Amtsärzten sei nie im Gespräch gewesen, sagte Sprecher Karl-Heinz Grundböck. Auch den Vorwurf der Hinhaltetaktik wies er zurück, am Montag werde Ärzte ohne Grenzen aber keinen Zugang zum Lager bekommen. Im Lager hielten sich am Montag laut Innenministerium rund 3600 Asylwerber auf.
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