"Krone"-Interview

Eros Ramazzotti: “Gar nichts ist perfekt”

Musik
02.05.2015 17:00
Eros Ramazzotti hat guten Grund zum Strahlen. Seit einem Jahr ist der 51-Jährige mit dem 26-jährigen Model Marica Pellegrinelli verheiratet, im März kam ihr zweites Kind auf die Welt. Töchterchen Aurora, die er mit seiner ersten Frau Michelle Hunziker in die Welt setzte, ist längst zu einer hübschen Frau herangewachsen und studiert brav am Londoner King’s College. Und nach mehr als 30 Jahren funktioniert die Karriere des ewigen Sommerhit-Lieferanten immer noch wie mit feinstem Olivenöl geschmiert. Wir haben den Schmusebarden in Mailand zu seinem neuen Album "Perfetto", seinem Familienglück und seinem anstehenden Wien-Konzert befragt.
(Bild: kmm)

"Krone": Eros, dein letztes Album "NOI" hat sich weltweit mehr als 700.000 Mal verkauft und damit ein neues erfolgreiches Kapitel deiner Karriere aufgeschlagen. Im Mai veröffentlichst du jetzt das Album "Perfetto". Fühlst du dich nach so vielen Jahren im Geschäft noch unter Druck gesetzt?
Eros Ramazzotti: Ich will das natürlich noch übertreffen, das ist für mich immer ein Ansporn. Ich bin in meiner Karriere durch gute und schlechte Zeiten gegangen, was die Verkaufszahlen betrifft. Vor etwa zehn Jahren haben die Leute gemeint, ich würde in einer Krise stecken. Seither geht es aber ständig bergauf und diesen Schnitt will ich natürlich halten. Das Problem heute ist das Internet. Du kannst ein wunderschönes Album erschaffen, aber wenn die Leute es lieber illegal downloaden, hilft dir die ganze Mühe nichts.

"Krone": Ist es denn überhaupt noch zeitgemäß, ganze Studioalben aufzunehmen?
Ramazzotti: Für mich auf jeden Fall. Ich folge jedenfalls keinen Trends, denn heute sind fast alle Pop-Alben mit Elektronik durchzogen. Meine Alben werden noch von Musikern aus Fleisch und Blut eingespielt. Für mich ist es meinen Fans gegenüber auch eine Frage des Respekts, dass bei meinen Songs alles echt ist.

"Krone": Worauf spielst du mit "Perfetto" an? Dass in deiner Welt alles perfekt verläuft?
Ramazzotti: Der Titel soll auch interessant sein, weil er dich gleich fassen und dich zum Nachdenken bringen soll. Es heißt aber nicht, dass das Album perfekt ist, eigentlich ist gar nichts perfekt. (lacht) Einerseits ist das Wort sehr international und andererseits ist es ein typisch italienisches Wort, um einen Satz oder ein Gespräch zu beenden. Das versteht einfach jeder.

"Krone": Würdest du dich als Perfektionisten im Musikbereich bezeichnen?
Ramazzotti: Das bin ich wohl, ja. Ansonsten wäre ich in den letzten 30 Jahren aber auch nicht so weit gekommen und die Leute, die mich kennen oder meine Musik hören und mögen, die verstehen das auch. Ein Perfektionist werde ich mit Sicherheit immer bleiben.

"Krone": Die meisten Songs auf dem Album klingen sehr positiv und haben einen schnellen Pop-Vibe.
Ramazzotti: Das war ganz bewusst so gewählt, dass ich mit dem Album positive Dinge und Gefühle hervorstreichen möchte. Heutzutage ist die Welt leider nicht sehr positiv und ich will den Leuten einfach etwas Optimistisches, Schönes mitgeben. Ich bin überzeugt davon, dass die Menschen gut sind. Alles ist so negativ konnotiert – selbst wenn du in den Urlaub fliegst, beschweren sich die Leute rundum meist über alles. Dagegen will ich ansteuern.

"Krone": Weil du von Urlaub spricht – Eros Ramazzotti zu hören bedeutet auch, an Urlaub, Sommer und Strand zu denken. Ist dir das überhaupt recht?
Ramazzotti: Auf jeden Fall, das ist doch schön, wenn die Leute meine Musik mit positiven Erlebnissen verbinden können. Gerade weil diese Welt so weit von Perfektion entfernt ist, ist es umso wichtiger, selbst optimistisch und positiv zu sein. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage müssen viele Menschen in ihren Jobs ums Überleben strampeln – aber es ist einfach wichtig, die Hoffnung nicht zu verlieren und von Tag zu Tag zu versuchen, noch besser zu werden.

"Krone": Integrierst du negative Erlebnisse, oder negative Seiten der Welt in deine Texte?
Ramazzotti: Ich bin ein Verfechter der These, dass die Musik eine gewisse Harmonie und ein gutes Gefühl bringen sollte. Wenn ein Song Negatives in sich trägt ist es verdammt schwierig, dass er bis zu den Herzen der Menschen vordringen kann. Das ist der Grund, warum ich immer versuche, in meiner Musik positiv zu sein.

"Krone": Magst du es eigentlich, dass die Menschen dich als den romantischsten Musiker überhaupt sehen?
Ramazzotti: (lacht) Ich bin einfach, wer ich bin, und wenn mich die Leute in eine Schublade stecken wollen, können sie das gerne machen. Für mich ist es wichtig, dass man konsequent damit ist, wer man ist. Die Leute werden aber immer eine bestimmte Meinung von dir haben. Solange das dein Selbstbild nicht beschädigt, ist das schon okay. Viele Musiker singen einfach ihre Songs und geben sich als etwas aus, was sie nicht sind. Das schafft natürlich auch Jobs im Musikgeschäft und ist für mich okay, aber mir wäre das zu wenig. Auf "Perfetto" habe ich aber auch viele Songs, die richtig rocken. Sie vermischen sich aus dicken Gitarren, Italian Rock und Fusion-Zitaten.

"Krone": Auf dem Song "Il Tempo Non Sente Ragione" gibt es zum Beispiel ein Saxofon-Solo zu bestaunen. Jetzt weiß man von dir, dass du beispielsweise großer Rap-Fan bist und eben auch Jazz magst. Wäre es für dich einmal interessant, ein Album zu machen, das stilistisch ganz woanders verortet ist?
Ramazzotti: Ich habe auf einem Album schon mal eine italienische Rap-Gruppe eingeladen, mit mir zu spielen. Das war eine tolle Erfahrung. Musik ist eine universelle Kommunikationsform und Rap ist für mich auch eine bestimmte Form von Kommunikation.

"Krone": Auf "NOI" hattest du Gäste wie Andy Garcia oder Nicole Scherzinger. Sind auch auf "Perfetto" Gaststars vertreten?
Ramazzotti: Dieses Mal nicht, nein. Ich habe einige Jahre mit großen Namen tolle Duette gemacht, mich aber dafür entschieden, dieses Mal darauf zu verzichten. Ich konzentrierte mich hier mehr auf den Sound, die Instrumente und das Gesamtpaket als auf große Namen. Möglicherweise greife ich beim nächsten Album aber wieder auf Gäste zurück – wir werden sehen.

"Krone": Vor wenigen Jahren hast du die Plattenfirma und das Management gewechselt und warst in einer Art Midlife-Crisis gefangen. Ist mittlerweile wieder alles okay?
Ramazzotti: Am Wichtigsten ist doch: Ich bin nach 30 Jahren noch immer hier. Viele Leute haben zwar über lange Jahre hinweg Erfolg, erfahren dadurch aber auch keine Motivation mehr. Ich habe aber einfach einiges an mir und meiner Musik geändert und für mich ist nur wichtig, dass ich immer noch gewillt bin, so viel wie möglich live zu spielen und Alben aufzunehmen.

"Krone": Du hast eine entscheidende Gemeinsamkeit mit Lenny Kravitz – ihr seid beide über 50 Jahre alt und seht aus, als ob ihr gerade mal Anfang 30 wärt. Was ist das Geheimnis dahinter?
Ramazzotti: Ich bin einfach er. (lacht) Im Gegensatz zu vielen anderen Rockstars habe ich auch keinen exzessiven Lebensstil, sondern gehe sehr entspannt an alles heran und versuche mich auch oft und gut auszuruhen. Ich habe noch nie meinen Geist mit irgendwelchen Rauschmitteln betäubt, weil ich einfach präsent sein möchte und fokussiert bin. Bei vielen anderen siehst du ja schon von weit entfernt, dass sie anders leben. In gewisser Weise ist das natürlich auch eine biologische Sache. Es gibt ja auch den umgekehrten Fall – 35-Jährige, die wie 50 aussehen.

"Krone": Deine dreijährige Tochter Raffaela Maria wird dich wohl auch ordentlich auf Trab halten?
Ramazzotti: Da kannst du Gift darauf nehmen. (lacht) Für ein Baby ist sie gar nicht dick, aber wenn ich sie hochhebe und herunterlasse, kommen dir ihre 14 Kilo recht schnell wie 24 vor.

"Krone": Nimmst du deine Familie mit auf Tour oder fällt es dir mit zunehmendem Alter schwerer, unterwegs von ihr getrennt zu sein?
Ramazzotti: Die Familie immer mitzunehmen ist doch etwas kompliziert und auf Tour vermisse ich sie natürlich sehr. Ich versuche immer, alles so gut wie möglich zu planen, aber von der Tour immer nach Hause zu fliegen wäre finanziell einfach ein zu großer Aufwand. Ich kann also nicht wie andere Leute jedes Wochenende daheim sein. Ich versuche aber schon, die richtige Balance zu finden. Das Gute ist, dass meine Fes ab und dadurch weiß ich schon im Vorfeld, dass alles für alle gut und passend endet. (lacht) Es kann wohl nichts Schlimmeres geben, als wenn du mit einer Person zusammenlebst, die Probleme mit deinem Job hat. Dafür gäbe es keine Lösung.

"Krone": Bei deiner letzten Show in der Wiener Stadthalle vor etwa zwei Jahren warst du wieder in Topform. Was motiviert dich nach 30 Jahren, immer noch durch die Welt zu fahren, anstatt zu Hause das Leben zu genießen?
Ramazzotti: Nimm doch eine Stadt wie Wien – wie könnte man dort nicht spielen wollen? Diese einzigartige Atmosphäre und Geschichte, die dort herrscht. Ich fühle mich dort einfach irrsinnig wohl und freue mich schon jetzt wieder auf den nächsten Auftritt. Schon wenn ich an Künstler wie Mozart oder andere denke, die dort entweder gelebt oder gespielt haben, bekomme ich Gänsehaut. Dort herrscht noch wirklich echte Kunst und es ist natürlich toll, dass euch meine Musik so gut gefällt. Ich glaube, viele Österreicher, die mich mögen, mögen auch klassische Musik. Das weiß ich wirklich sehr zu schätzen.

"Krone": Was sollen die Menschen fühlen, wenn sie dich auf der Bühne sehen?
Ramazzotti: Ich gehe ganz nach Instinkt vor. Das Publikum ist auch sehr unterschiedlich drauf, es kommt immer darauf an, wo man gerade ist. Dementsprechend muss man sich darauf einstellen. Leute aus Spanien oder auch Belgien gehen vom ersten Moment an voll ab und projizieren auch auf mich ein unglaubliches Energielevel. In Ländern wie Holland, Österreich oder Deutschland sind die Menschen eher entspannter, applaudieren höflich und gehen erst am Ende eines Sets aus sich heraus. Wichtig ist aber in allen Fällen, dass ich sie mit meinen Songs abholen kann.

"Krone": Stört es dich nach wie vor nicht, dass so viele deiner Fans und Hörer kein Wort deiner italienischen Texte verstehen?
Ramazzotti: Nein, denn als ich noch sehr jung war, habe ich mir auch amerikanische und englische Künstler angehört und kein Wort verstanden. Dennoch habe ich die Musik gemocht. Es ist aber wirklich schön zu sehen, dass viele Leute, die meine Alben kaufen, dann die Texte und somit auch Italienisch lernen. Auch wenn mir bewusst ist, dass es nicht die Weltsprache ist.

"Krone": Am 2. Oktober bist du wieder in der Wiener Stadthalle zu Gast. Was erwartet uns?
Ramazzotti: Ich erwarte auf jeden Fall, dass die Halle ausverkauft ist. (lacht) Ich versuche natürlich, die hohen Erwartungen der Besucher bestmöglich zu erfüllen, aber wir werden neben den neuen Songs natürlich auch die größten Hits spielen. Es wird jeder zufrieden sein.

Karten für den Gig von Eros Ramazzotti am 2. Oktober in der Wiener Stadthalle erhalten Sie unter 01/960 96 999 oder im "Krone"-Ticketshop.

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