Fünf Suchtgifttote

Attnang – ¿Sehn(-Sucht)¿ als Endstation!

Oberösterreich
22.01.2006 09:49
„Es macht betroffen, wenn man sieht, was aus manchen Kindern wird. Ich habe einige der Burschen gekannt, die an Drogen gestorben sind.“ Franziska Muthenthaler, Direktorin der Hautptschule Attnang-Puchheim, setzt auf Aufklärung in den Klassen. Nach dem fünften jungen Drogentoten in Serie beherrscht dieses Thema die 10.000-Einwohner-Kleinstadt. Viele fürchten sich. Attnang, eine Endstation (Sehn-)Sucht?

„Abends trauen sich viele Leute nicht mehr raus!“ Die 79-jährige Angela Aichhorn spricht die Angst der braven Attnanger offen an. Und: „Es wird versprochen, dass etwas getan wird, aber meist nur vor den Wahlen.“

Das will Bürgermeister Ludwig Glaser so nicht stehen lassen, der vom Rathaus aus das Fenster sehen kann, hinter dem vergangene Woche Josef O. (23) und ein halbes Jahr zuvor Manuel St. (20) an Drogen gestorben waren. „Wir installieren am Bahnhof Kameras, überlegen eine Konfliktmediation für Jugendliche, die in drei Jahren 84.740 Euro kostet. Wir haben 15 Prozent Ausländer und sind ein Verkehrsknotenpunkt. Da kommt alles zusammen“, sagt der Ortschef. Er schiebt das Problem auf den Bereich Bahnhof, aber Insider wissen, dass vor allem privat gedealt und konsumiert wird.

42 Autos geknackt
Am Bahnhof gibt´s auch Dealer, aber vor allem hängen hier frustrierte Teenager herum. Etwa Omar (14), der stolz von seinen 128 Anzeigen wegen Diebstahls und ähnlichen Delikten erzählt, sein Freund Markus (20), der in einer Nacht 42 Autos geknackt hat oder der 15-jährige  ebenso amtsbekannte  Benjamin.

„Hier gibt´s ja nichts anderes als den Bahnhof. Drogen bestellt man telefonisch. Keine Jobs, keine Abwechslung“, sagt das Trio. Extrembeispiele, sicher. Aber der Ton wird rauer in der Stadt und vor allem beim Renner-Platz, wo die Bahnhof-Unterführung ist. „Ich erlebe schon die dritte Generation dieser Banden mit. Sie sind im Alter von 15 bis 20 Jahren aktiv, die einen schaffen den Absprung, die anderen enden im Gefängnis“, sagt Josef Martin, der beim Bahnhof einen Kiosk betreibt. Oberhalb der Unterführung führt Anna Seidl in Annis Gasthaus ein strenges Regiment: I“ch suche mir aus, wer etwas bekommt. Damit bleiben die Stammgäste.“

 Der schwierige Kampf gegen Drogenproblem
„Meine Tür steht jedem offen, egal welche Konfession“, stellt Pfarrer Alois Freudenthaler klar. Der aufgeschlossene Seelsorger kennt zwar das gravierende Drogenproblem, muss jedoch gestehen: „Auch ich weiß nicht so recht, wie man an diese Jugendlichen herankommen kann.“

350 Suchtgift-Anzeigen
In der Hauptschule arbeiten Lehrer, Sozialarbeiter und Polizisten beim Anti-Drogen-Projekt Clever und Cool zwar mit den Teenagern, kämpfen aber gegen Windmühlen. So gab es im Vorjahr im Bezirk Vöcklabruck 350 Suchtgift-Anzeigen, 60 Prozent davon betrafen 14- bis 21-Jährige.

„Hören wir von Verdachtsfällen, informieren wird sofort die Eltern“, so Direktorin Franziska Muthenthaler. Alle vierten Klassen machen kommendes Jahr bei Clever und Cool mit, es gibt auch Gewalt- und Raucherprävention. „Wir können nur versuchen, die Schüler möglichst gut vorzubereiten“, erklärt die Direktorin. Ihr trauriger Nachsatz: „Aber wenn man sieht, wie unauffällige Schüler später enden - das geht einem schon sehr nahe…“

 

 

Foto: Markus Schütz

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