Gesundheitsministerin Korinna Schumann (SPÖ) war am Freitag zu Besuch in Vorarlberg. Mit der „Krone“ sprach sie darüber, wie das Gesundheitssystem auch künftig für alle leistbar bleiben soll. In Sachen Vorarlberger Spitalsreform und Verlegung der Geburtenstation von Dornbirn hielt sich die Ministerin mit Kommentaren vornehm zurück.
„Krone“: Die Salzburger Landeshauptfrau Karoline Edtstadler hat unlängst vorgeschlagen, dass die Gesundheitsagenden zentral vom Bund gesteuert werden sollten. Wie sehen Sie das?
Korinna Schumann: Derzeit gibt es unzählige Vorschläge, wie das Gesundheitssystem organisiert werden sollte. Jetzt gilt es, diese zu beurteilen. Dabei ist es wichtig, dass wir das gesamte Gesundheitssystem zukunftssicher aufstellen. Es gibt eine Reformpartnerschaft mit den Ländern und wir haben uns darauf geeinigt, bis Ende April erst einmal eine Versorgungsanalyse durch externe Institute erstellen zu lassen. Dabei geht es darum, wer wofür wann und wo verantwortlich ist. Aus den Ergebnissen kann man dann die Ableitungen treffen, wie die Reformen gesetzt werden. Bei diesen Prozessen werden Bund und Länder gemeinsam arbeiten – das ist auch selbstverständlich.
Sie haben auch einige Reformgruppen eingerichtet. Was passiert dort?
Aufgrund des Falls in Rohrbach (im dortigen Bezirkskrankenhaus wurde bei einer 55-jährigen Oberösterreicherin eine eingerissene Hauptschlagader diagnostiziert, im näheren Umkreis fand sich kein Spital, in dem die Frau versorgt werden konnte, sodass sie in Rohrbach verstarb, Anm.) wurde eine Reformgruppe zur klinischen Notfallversorgung eingerichtet. Es sollen Wege gefunden werden, wie die Abstimmung bei solch schweren Krankheitsverläufen verbessert werden kann. Da gibt es Handlungsbedarf.
Welche Arbeitsgruppen gibt es noch?
Es gibt noch eine Reformgruppe zur Digitalisierung, deren Mitglieder sich damit beschäftigen, wie die Verwaltung vereinfacht werden kann. Wie Telemedizin eingesetzt werden soll. Eine weitere Gruppe beschäftigt sich mit Berufsbildern. Sind wir da noch am Stand der Zeit? Wie können die nichtärztlichen Berufe besser eingebunden werden? Nicht zuletzt geht es in einer anderen Gruppe um die Fragen, wie das öffentliche, solidarische Gesundheitssystem gestärkt werden und die Zwei-Klassen-Medizin zurückgedrängt werden kann. In diesem Gesamtvolumen befinden wir uns, während gleichzeitig auf die Finanzen geschaut werden muss. Die Reformprozesse hängen ja sehr stark mit den Finanzierungsfragen zusammen.
Vorarlbergs Gemeinden, die in den Gesundheitsfonds einzahlen, klagen über die stetig steigenden und kaum leistbaren Beiträge. Wo kann denn gespart werden?
Ich glaube, dass es durch den Ausbau der Digitalisierung schon die Möglichkeit gibt, Dinge besser zu verwalten, Doppelgleisigkeiten zu vermeiden. Auch künstliche Intelligenz sollte eingesetzt werden, um nicht nur Verwaltungs-, sondern auch Diagnoseschritte zu vereinfachen. Der Einsatz von Telemedizin, der Ausbau der 1450 als Erstanlaufstelle, um Patienten auf den richtigen Weg zur besten Versorgung zu bringen – all das sollte auch dazu beitragen, dass das System kosteneffizienter wird.
Vorarlbergs Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher hat vergangene Woche die Pläne für die Spitalsreform präsentiert. Wie beurteilen Sie diese?
Diese Reformen liegen in der Kompetenz der Länder.
Aber Sie plädieren für den grundsätzlich eingeschlagenen Weg – also Zusammenlegungen von Fächern und mehr Zentralisierung?
In allen Bundesländern sind man dabei, Reformstrukturen aufzubauen. Ich sehe überall Entwicklungen, das System besser aufzustellen. Ich richte niemanden etwas über die Medien aus. Wichtig ist für die Patientinnen und Patienten, dass sie die bestmögliche Versorgung erhalten. Zudem sollten die Prozesse transparent und miteinander gestaltet werden. Veränderungen sind nicht nur mit Erfreulichen belegt, aber sie gut zu gestalten, das ist wichtig.
Wie gut ist denn die Gestaltung, wenn es eine Petition mit 55.000 Unterschriften gegen die Verlegung der Geburtenstation von der einen in die andere Stadt gibt?
Wie gesagt, was die Reformprozesse innerhalb des Landes angeht, sehe ich mich wirklich nicht in der Lage, diese zu beurteilen oder zu kommentieren.
Wie beurteilen Sie die finanzielle Lage der ÖGK? Die Reform ist ja krachend gescheitert.
Die Sozialversicherungsreform ist ein Beispiel dafür, wie man Reformen nicht machen soll. Darum ist es wichtig, dass man Reformen nicht einfach übers Knie bricht und mit Versprechungen belegt, wie sie damals gemacht wurden. Die im Zuge der Kassenfusion angekündigte Patientenmilliarde war ein billiger Marketing-Schmäh. Reformen müssen so aufstellt werden, dass sie wirklich zu Verbesserungen führen. Die ÖGK ist ein wichtiger Teil unseres Versicherungssystems und hat ein Finanzierungsproblem.
Was muss passieren?
Unter anderem wurden bereits die Krankenversicherungsbeiträge bei den Pensionisten hinaufgesetzt, um sicherzugehen, dass gute Versorgung weiterhin möglich ist. Gleichzeitig setzt die ÖGK Einsparungs- und Reformschritte. Das ist dringend notwendig. Gleichzeitig passieren auch ein paar gute Dinge – etwa, dass die Pneumokokken- und die Gürtelroseimpfung jetzt für Menschen ab 60 Jahren gratis möglich ist.
Nur sind die Impfstoffe nicht immer verfügbar.
Aber sie kommen etappenweise. Ich freue mich, dass das Interesse so groß ist, weil wir doch mit einer Impf-Skepsis zu kämpfen haben. Die Menschen, die diese Leistung in Anspruch nehmen, ersparen sich rund 500 Euro. Das ist viel Geld.
Grundsätzlich plädieren Sie dafür, am Krankenkassensystem festzuhalten? Varianten wie in der Schweiz oder Deutschland stehen gar nicht zu Diskussion?
Bei unserem System handelt es sich um gewachsene Strukturen, die den Menschen Sicherheit geben. Es ist ein System des Risikoausgleichs und ein System, bei dem alle mitgenommen werden. Niemand sagt beispielsweise, dass du jetzt zu alt für das System bist und diese oder jene Leistung nicht mehr erhältst. Nein, wir haben ein solidarisches System, das allen die Chance gibt, die bestmögliche Versorgung zu kriegen. An dem müssen wir festhalten und das müssen wir auch für die Zukunft garantieren.
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