Ein Pensionist musste sich am Donnerstag in Graz wegen einer Anklage nach dem Verbotsgesetz vor einem Geschworenensenat verantworten. Der 56-Jährige verkaufte online Nazi-Devotionalien. Der Mann ist kein unbeschriebenes Blatt und war unter anderem in den „Schweinekopf-Fall“ involviert.
Sechs Vorstrafen, drei davon einschlägig: Das Verbotsgesetz dürfte einem 56-jährigen Steirer eigentlich schon hinlänglich bekannt sein. Zuletzt wurde er wegen Verbreitung von NS-Inhalten via Facebook verurteilt. Außerdem war der Mann laut Staatsanwaltschaft am sogenannten „Schweinekopf-Fall“ beteiligt: 2016 wurde bei einer Moschee in Graz Schweineblut verschüttet sowie ein Schweinekopf an einem Zaun befestigt.
Schaukelstuhl mit Hakenkreuz-Stickerei
Doch aus seinen Vorverurteilungen scheint der inzwischen pensionierte Grazer nicht sonderlich viel gelernt zu haben: Am Donnerstag musste er sich in Graz erneut wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung vor einem Geschworenensenat verantworten. „Es geht im Wesentlichen um den Handel mit NS-Gegenständen“, erklärt der Staatsanwalt. Konkret hat der Grazer einen Hakenkreuz-Wimpel, eine SA-Uniform sowie einen Schaukelstuhl mit Reichsadler- und Hakenkreuz-Stickerei über eine Online-Plattform verkauft. Zuvor soll er auch Bilder der Devotionalen verschickt haben – und somit nach Verbotsgesetz einschlägige Symbole zur Schau gestellt bzw. verbreitet haben.
„Mir ist‘s nur ums Geschäftliche gegangen“
Der Verteidiger des Angeklagten erklärt, sein Mandant habe einst ein Antiquitätengeschäft geführt und vorwiegend Militaria aus dem Ersten Weltkrieg verkauft. Er habe aber auch immer wieder Sachen aus dem Zweiten Weltkrieg bekommen. Als er mit seinem Geschäft in den Konkurs schlitterte, und zudem auch durch diverse schwere Krankheiten immer stärker in finanzielle Nöte gelangt sei, habe er aus der Not heraus alles Mögliche aus seinem Restbestand privat verkauft.
Der 56-Jährige beteuert: „Ich wollte kein NS-Gedankengut wiederbeleben, mir ist’s nur ums Geschäftliche gegangen“. Er habe von 800 Euro Invaliditätspension leben müssen und „alles zusammengesucht, was ich noch verkaufen konnte.“ Dabei sei er wohl in einer Grauzone gelandet.
Die NS-Zeit sei „die schlimmste Zeit überhaupt gewesen. Meine Großeltern haben das miterlebt und mir von den Gräueltaten erzählt“, sagt der Angeklagte, als der vorsitzende Richter Hanspeter Draxler ihn über sein Wissen bzw. seine Einstellung dazu befragt.
„Nazi-Klumpert“ war nicht Hauptgeschäft
„Und warum handeln Sie dann mit Gegenständen, die diese Zeit verherrlichen?“, will der Richter weiter wissen – „Ich hab ja hauptsächlich mit Kaisersachen gehandelt, das Nazi-Klumpert war nur in einer Schachtel im Keller.“ Dem hält der Staatsanwalt entgegen, dass der 56-Jährige den Schaukelstuhl erst vor zwei Jahren durch den Tausch gegen zwei andere Sessel bekommen hätte, was die Behauptung des Restbestand-Verkaufs widerlege.
„Ich bereue es extrem und es tut mir leid, ich war falsch informiert“, sagt der Angeklagte in seinen Schlussworten. Ob seiner Vorgeschichte scheint seine vermeintliche Unbedarftheit für Richter und Geschworene nicht allzu glaubwürdig zu sein. Der Mann wird schuld gesprochen und zu 18 Monaten Haft, sechs davon unbedingt, verurteilt (nicht rechtskräftig).
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