Ein Grazer Jurist stürzte im Sommer 2023 von einer Terrasse, die nur durch einen provisorischen Bauzaun gesichert war. Wegen grob fahrlässiger Tötung wurden die damaligen Gastgeber zu Bewährungsstrafen verurteilt. Dagegen hat das Ehepaar berufen – am Dienstag wurden die Kosmetikerin und ihr Mann erneut verurteilt.
Der tragische Tod eines bekannten Grazer Rechtsanwalts beschäftigt schon seit zwei Jahren die Gerichte. Am 23. August 2023 stürzte der Jurist und frühere Fußballfunktionär bei einem Besuch im Haus eines befreundeten Ehepaars in Kalsdorf südlich von Graz drei Meter von einer Terrasse.
Grob fahrlässige Tötung
Der Anwalt, der selbst ein Haus an dem See besaß, hatte seine Nachbarn im Tretboot besucht und dürfte am Heimweg gegen einen provisorischen Bauzaun und dann über eine Metalltreppe gestürzt sein. Eine Woche nach dem Unfall starb das Opfer im Spital. Der Todessturz brachte die Gastgeber wegen grob fahrlässiger Tötung vor Gericht. Laut der Staatsanwaltschaft hätte das Ehepaar jahrelang verabsäumt, die Terrasse durch ein Metallgeländer ordnungsgemäß zu sichern.
Das Erstgericht fällte im Jänner einen Schuldspruch im Sinne der Anklage. Die 53-jährige Frau wurde zu acht Monaten bedingter Haft verurteilt, ihr Mann (51) zu zehn Monaten. Dagegen hat das Ehepaar berufen. Am Dienstag befasste sich das Oberlandesgericht Graz mit dem tragischen Fall.
Verteidigerin Julia Halm fasste noch einmal zusammen, was geschehen war. Demnach hatten die Gastgeber dem Juristen in den Nachtstunden angeboten, ihn zu Fuß nach Hause zu begleiten, da er alkoholisiert war. Während der 51-Jährige eine Taschenlampe holte, bat er den befreundeten Anwalt zu warten.
Sie haben es über Jahre unterlassen, zu handeln, obwohl sie die Verpflichtung dazu hatten. Es war vorhersehbar, dass so etwas passieren kann.
Oberstaatsanwältin Nicole Dexer
Herzkreislauf-Versagen
Das tat der Jurist offenbar nicht, stattdessen sei er Richtung Terrasse gegangen, habe aufgrund eines Herzkreislauf-Versagens den Halt verloren und war gegen den Bauzaun geprallt, der dem Übergewicht des Mannes nicht standhielt. „Diese Glieder der Kausalkette darf man nicht außer Acht lassen“, betonte die Verteidigerin. „Für meine Mandanten war nicht vorhersehbar, dass er nicht wartete.“
Oberstaatsanwältin Nicole Dexer betonte, dass der Tod des Opfers bei ordnungsgemäßer Errichtung eines Geländers unterblieben wäre. „Sie haben es über Jahre unterlassen, zu handeln, obwohl sie die Verpflichtung dazu hatten. Es war vorhersehbar, dass so etwas passieren kann.“ Die angeklagte Kosmetikerin erklärte in ihrem Schlusswort, dass sie den Nachbarn nur gut nach Hause begleiten wollten.
„Es war ein Fehlverhalten“
Der Richtersenat gab der Berufung der Eheleute nach geheimer Beratung nicht statt. Doch statt der grob fahrlässigen Tötung verurteilte er die Angeklagten „nur“ wegen fahrlässiger Körperverletzung, weil die Terrasse zumindest einigermaßen gesichert war, wenn auch nicht ausreichend. „Es war ein Fehlverhalten, aber wir sehen ihr Fehlverhalten nicht so streng wie das Erstgericht“, erklärte der Senatspräsident Christoph Sutter.
„Wäre ein stärkeres Gitter dort gewesen, wäre der Absturz nicht passiert. Eine schlichte Fehleinschätzung, mit deren Konsequenzen sie jetzt leben müssen“, begründete der Richter. Das Geländer wurde inzwischen übrigens gebaut, das Ehepaar wohnt allerdings nicht mehr dort. „Nachdem der schlimme Unfall passiert ist, sind wir ausgezogen.“ Die Urteile sind nun rechtskräftig.
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