„Girl Violence“

King Princess: Spaß führt zur Selbstermächtigung

Musik
15.09.2025 09:00

Der erste große Hype ist vorbei, jetzt setzt die amerikanische Indiepop-Künstlerin King Princess auf Beständigkeit. „Girl Violence“, ihr drittes Studioalbum, verknüpft spielerisch-poppige Klänge mit ernsthaften Beziehungsthemen. Damit ist dir die Liebe der LGBTQ-Community zurecht gewiss.

kmm

Die Karriere von Mikaela Straus kennt bislang nur eine Richtung – steil nach oben. Schon mit ihrem Debütalbum „Cheap Queen“ zog die Indie-Popperin mit dem besonders geschickten Händchen für eingängige Melodien in die Charts ein, 2022 folgte das gereifte, aber immer noch ungezügelte „Hold On Baby“, mit dem sich King Princess, wie sie sich als Kunstfigur nennt, endgültig in die oberen Sphären katapultierte. Zuerst begleitete sie den kanadischen Schmuse-Popper Shawn Mendes auf Tour, 2023 dann die kalifornischen Sonnenrocker Red Hot Chili Peppers und den unverwüstlichen Lederapfel Iggy Pop. Ein prägendes Erlebnis, für das sich Straus sehr dankbar zeigt, wie sie der „Krone“ am Rande ihres Auftritts im Wiener Happel-Stadion verriet. „Es ist nicht selbstverständlich, dass eine Band wie die Chili Peppers so offen sind und in ihrem Vorprogramm einer Indiepop-Musikerin eine Chance geben. Das nennt man wohl eine musikalische Osmose.“

Einschneidende Weichenstellungen
Ihren ersten (und bislang einzigen) Österreich-Besuch nützte King Princess damals gleich dafür, sich in einem Australian Pub ein paar Pints Bier reinzuziehen und sich von ihrer deutschen, aber sehr oft in Österreich befindlichen Schwiegermutter in kurzer Zeit die schönsten Seiten Wiens zeigen zu lassen. In diesen zwei Jahren ist bei der 26-jährigen Vollblutkünstlerin ungemein viel passiert. Sie trat bei den Riesenfestivals Glastonbury und Coachella auf, hat sich an der Seite von Hollywood-Ikone Nicole Kidman eine tragende Rolle in der Serie „Nine Perfect Strangers“ geschnappt, zog von Los Angeles zurück an die Ostküste und so nebenbei kündigte sie auch den Deal mit ihrem Majorlabel, weil Zukunftsausrichtung und verschiedene Visionen sich bei den beiden Parteien nicht mehr vereinen ließen. Ein Wunder, dass sich bei so einem dichten Zeitplan mit „Girl Violence“ auch noch das dritte Studioalbum ausging, das King Princess seit letzter Woche in Hochform zeigt.

Vom Albumtitel sollte man sich dafür nicht abschrecken lassen, denn weder wird Frauen körperliche Gewalt angetan, noch bekriegen sie sich untereinander. King Princess sieht es eher als subtilen Hinweis darauf, dass sich Frauen im Leben oft viel zu viele Sorgen machen, sehr oft mit sich selbst zu kämpfen haben oder Meinungsverschiedenheiten und Unterschiede nach außen hin lieber verbal und mit stumpferen Waffen führen als Männer – also wesentlich niveauvoller. Für die genderqueere, nicht-binäre Künstlerin ist das auf einem Indie-Label veröffentlichte Album ein weiterer Schritt hin zu einer künstlerischen Aussage, wie sie es sich im besten Falle vorstellt. „Der wichtigste Ratschlag kam schon früh von meinen Eltern. Sie haben mir immer gesagt, dass, egal was ich machen würde, ich nichts übereilen sollte. Ich würde schon das Richtige finden, wenn ich mich in nichts hineintreiben lassen. Diesen Ratschlag beherzige ich nach wie vor.“

Unterschiedliches lässt sich vereinen
„Girl Violence“ befasst sich durchgehend mit Beziehungsthemen und den daraus resultierenden Tücken, schmiegt sich aber zumeist sehr leichtfüßig, entspannt und musikalisch positiv an die Gehörgänge. Zwischen dem Vorgänger „Hold On Baby“ und dem neuen Werk hat sich in den drei Jahren doch wieder einiges getan. „Meine Musik wird sich immer ändern und wandeln. Es war immer ein Wunsch von mir, dass jedes Album anders klingen sollte. Ich liebe die Studioarbeit. Das Experimentieren mit Instrumenten, mit Songs oder mit dem Gesang hat für mich etwas Wissenschaftliches. Ich fühle mich dabei wie eine Physikerin, die Unterschiedliches ausprobiert und dann schaut, was als Ergebnis davon rauskommt.“ Im Falle des neuen Albums sind das unterschiedlich klingende Songs, die sich trotzdem schön vereinen. „Jaime“ etwa wartet mit einer faszinierenden Hookline auf, in „Girls“ geht King Princess ins Bluesige und „RIP KP“ ist eine flotte Ermächtigungshymne. Als Konnex wichtig ist nur, dass sich alle Songs natürlich und gut anfühlen.

Straus‘ Leidenschaft für Musik ist zu jeder Zeit hörbar. Leidenschaft schätzt sie auch im Allgemeinen. „Ich glaube, es gibt auf der Welt nichts Attraktiveres, als eine Person, die für etwas so richtig brennt. Das kann auch etwas ganz Schräges sein, aber wenn jemand richtig passioniert ist und absolut alles in seine Leidenschaft steckt, ist das per se eine großartige Sache.“ Wie auch auf „Girl Violence“ deutlich hörbar, hat die Musik für King Princess etwas Therapeutisches. „Ich war ein sehr einsames, introvertiertes Kind, das lange nicht wusste, wie es seine Gefühle ausdrücken sollte. Als ich die Musik für mich entdeckte, hatte ich endlich ein Ventil dafür. Liam, einer meiner allerbesten Kindheitsfreunde, ist bis heute ein wichtiger Mensch für mich. Sein Dad spielte in Brooklyn in ein paar lokalen Bands und hatte seine Garage mit Instrumenten vollgestopft, das war der perfekte Spielplatz für uns und auch der Beginn für die richtig große Liebe zur Musik.“

Musik als Halterung und Trostspender
King Princess hält sich auch nicht damit zurück, in einer zerrütteten politischen Gesellschaft in den USA klare Kante zu beziehen und Kritik in ihre Texte einfließen zu lassen. „Ich sehe tagtäglich auf den Social-Media-Plattformen, wie schwierig es für die LGBTQ-Gemeinde ist. Wir durchwandern gerade eine verdammte Renaissance der Bigotterie von Menschen, die mit Händen und Füßen versuchen, hart erarbeitete Rechte und Sicherheiten auszuhebeln und die Menschheit wieder in die Steinzeit zurückzubefördern. Kann ich diesen Menschen mit meiner Musik oder meinen Konzerten zumindest etwas Sicherheit geben, dann habe ich schon viel geschafft. Mir ist es wichtig, dass die Menschen wissen, dass sie nie aufgeben müssen. Dass es wichtig ist, für seine Rechte weiterzukämpfen. Es ist auch okay, nicht perfekt zu sein, Probleme zu haben und nicht weiterzuwissen. Meine Alben sind für all die Menschen gedacht, die so fühlen.“

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