Jazz im Porgy

Der talentierte Herr Cech fantasiert schon wieder

Kultur
02.09.2025 05:30

Zwischen Jazz und Neuer Musik schöpft der österreichische Pianist und Ensemble-Leiter Christoph Cech mit prägnanter Hand- und Klangschrift und Leidenschaft aus dem Vollen. Anfang September ist dies beispielhaft an drei Abenden im Wiener Jazzclub Porgy & Bess zu erleben.

Ein Duo von Klavier und Harfe, ein neues Projekt des gebürtigen österreichischen Trompeters Michael Mantler und die eigene, durchaus eigenwillige Bigband CC JOP – das Christoph Cech Jazz Orchestra Project – werden an drei aufeinanderfolgenden Tagen im Porgy auftreten. Und dabei die schillernden Seiten des zeitgenössischen Jazz und darüber hinaus erstrahlen lassen.

Im Gespräch mit der „Krone“ erzählt Cech von seinen vielfältigen Tätigkeiten, Plänen und Erfahrungen – und schweift immer wieder zu anderen Themen ab. Weil es soviel zu erzählen gibt und auch weil die Improvisation nicht nur in der Musik ein essenzielles Werkzeug ist, um das Wesentliche zu erfassen.

Harfe auf freien Wegen
Da eröffnet also die ziemlich ungewöhnliche Kombination von Klavier und Harfe unter dem kreativ-mehrdeutigen Titel „Satiesfaction“ wunderbar flockig-groovend die Cech‘schen Spieltage im Porgy. Und das kam so: Als Studentin der klassischen Harfe an der Linzer Bruckner Universität, wollte die junge Valentina Cinquini unbedingt auch improvisieren und in der Neuen Musik und im Jazz mitspielen, meldete sich bei Herrn Cech, der am selben Ort von 1999 bis 2014 die Jazzabteilung leitete und der befand: „Die spielt super.“ Also jammte er mit ihr, nahm sie in seine CC JOP-Bigband und in sein ebenfalls unkonventionelles kammermusikalisches Janus Ensemble auf und entwickelte ein Duo Projekt.

Cech live

  • Ein Ausschnitt der vielen musikalischen Aktivitäten von Christoph Cech demnächst live zu erleben. Im Porgy & Bess am 5. September Cinquini Cech ‘Satiesfaction‘, am 6. September Michael Mantler ‘For More‘ und am 7. September CC JOP ‘Staunen‘, ‘wonder‘, ‘amazement‘. www.porgy.at
  • In der Sargfabrik in Wien am 16. 9. das Janus Ensemble ‘Neue Musik im XIV‘. www.sargfabrik.at

In der Groß- und Kleinformation jedenfalls hat sich das Zusammenspiel bestens bewährt und bereits begeisterte Kritiken eingebracht. Als positiven Nebenaspekt lässt sich mit Instrumenten wie der Harfe auch der oft geringe Anteil von Frauen in Bigbands erhöhen, stellt Cech fest. Und das ist ihm ein Anliegen. Wermutstropfen für Valentina Cinquini: Ihren Studienplatz in klassischer Harfe hat sie durch diesen Schritt in die Improvisation und den Jazz verloren – das wurde nicht toleriert.

Ab einer gewissen Komplexität braucht Musik einen möglichst einfühlsamen Dirigenten.
Ab einer gewissen Komplexität braucht Musik einen möglichst einfühlsamen Dirigenten.(Bild: Eckhart Derschmidt)

Ein Dirigent für hochkomplexe Musik
Für den Trompeter und Komponisten Michael Mantler hat sich Christoph Cech seit vielen Jahren als einfühlsamer und verständnisvoller Dirigent von dessen manchmal etwas sprödem Werk erwiesen, das sich keiner Kategorie zurechnen lässt und in Österreich weder in der Neuen Musik noch im Jazz gebührend wahrgenommen wird.

„Eine sehr monolithische Musik, sehr düster, sehr strukturiert, sehr schwierig zu spielen – und hoch virtuos,“ beschreibt Cech den Charakter und sie braucht einen Dirigenten. Zusammengeführt hat die beiden Musiker Christoph Huber, künstlerischer Leiter und guter Geist des Porgy&Bess, auf dessen Initiative Mantler im Rahmen eines Studenten-Workshops an die Bruckner Uni zu Herrn Cech kam – und nicht nur von der jugendlichen Umsetzung seiner Musik sondern auch von der musikalischen Leitung des Institutsvorstands begeistert war.

So trat die Bigband von Cech und Christian Mühlbacher, die Nouvelle Cuisine, für die Neufassung von Mantlers Jazzcomposers Orchestra an. Dessen legendäre Besetzung an Solisten von Pharao Sanders über Cecil Taylor, Don Cherry bis zu Roswell Rudd hatte frei intoniert, dann machte sich das Projekt ausnotiert mit Nouvelle Cuisine erfolgreich beim Jazzfestival in Moers und beim Northsea Jazz bemerkbar. „Und natürlich im Porgy“, ergänzt Cech und hebt die wichtige Unterstützung des Clubs und seines Leiters hervor, ohne den es in Österreich keinen großorchestralen Jazz gäbe.

Die Nouvelle Cuisine feiert übrigens heuer schon ihr 40-Jahr-Jubiläum und gefeiert wird hier bis ins nächste Jahr hinein... Auftrittsmöglichkeiten für Bigbands sind rar und die Ensembles werden nicht zuletzt aus praktischen Gründen immer kleiner. In der Zusammenarbeit mit Michael Mantler kam bisweilen das Janus Ensemble zum Zug, wenn die Instrumentierung mit Streichern und Holzbläsern hier besser passte. Auch Christoph Cechs stilistische Bandbreite an Ensembles ist groß. Diesmal gibt es Mantlers ‘For More‘ zu hören mit Musik für Streicher, Klavier und Bassklarinette – mit Cech am Klavier und als Dirigent.

„Da werden Sie staunen, was ich Ihnen serviere“
Ziemlich unkonventionell in der Besetzung ist also auch die andere ziemlich große Formation von Christoph Cech: CC JOP, wo es zusätzlich zur schlankeren Bläserabteilung und Rhythmusgruppe eben die Harfe sowie zwei Geigen gibt. 16 Mitglieder tummeln sich da auf der Bühne -ursprünglich waren es 24. Die Besetzung erlaubt neben dem prallen Bigband-Sound ebenso stärker kammermusikalische Arrangements und überhaupt eine größere Spielwiese der kompositorischen Möglichkeiten – mit viel Raum für die Improvisation der Solisten.

Die Gründung der Band liegt nun schon fast zehn Jahre zurück und sei ein bisschen aus Trotz auf die schon lange bestehende Bigband seines Nouvelle Cuisine Co-Leiters Mühlbacher erfolgt: „Ich wollte auch meine eigene Bigband.“ Der Abend im Porgy steht unter dem Motto „Staunen“. Das werde auch die Musiker betreffen, meint Cech schelmisch. Das musikalische Material soll vor allem die Grundthemen vorgeben – ausgegraben aus den eigenen handschriftlichen Kompositionen. Der Rest ergibt sich in der Vorbereitung. „Da werden sie ziemlich staunen, was ich ihnen serviere!“ Und das Publikum darf sich ohnedies auf viel Staunenswertes freuen, das sich wie immer bei Cech aus einem fundierten klassischen Wissen, einer unermüdlichen Neugier für Neues und einem bezwingenden Gespür für Rhythmus und Sinnlichkeit zusammenbraut.

„Er fantasiert schon wieder“
Die Sehnsucht nach Entrücktheit und Verrücktheit geht dem 1961 in Wien geborenen und im klassischen Bildungsbürgertum aufgewachsenen Cech bei den jungen Musikern in Klassik wie Jazz oft ab. Sie spielen hoch virtuos und müssen sich im immer enger werdenden Feld notgedrungen um ihre Karriere kümmern. Da bleibt bisweilen wenig Freiraum.

„Diese Musik in ihrem ursprünglichen Wesen ist ja eine Art Schamanismus und schickt einen auf die Reise im besten Sinne. Das sollte man auf sich nehmen, damit sich etwas verändert.“ Ein Weg dorthin ist für Cech die Improvisation als persönliche Auseinandersetzung und Verschmelzung mit dem Geist des Stücks. Ihm selbst ist das schon in jungen Jahren als Klavierschüler „passiert“. „Weil ich beim Üben faul war, aber doch technisch gut ausgebildet und offenbar eine gewisse Begabung hatte.“ Und so wurde aus dem Chopin eine Cech‘sche Variation. Kommentar der Mutter: „Er fantasiert schon wieder....“

Neue Zeitkapazitäten
Nun also ist Christoph Cech seit dem Sommer von seiner festen Lehrtätigkeit an der Bruckner Uni in Pension – und hat Zeitkapazitäten für Vieles. Vor allem möchte er Musik spielen – und wird sich daher mehr um die Organisation von Auftritten mit seinen vielfältigen Ensembles kümmern. Das ist gar nicht so einfach, denn Anerkennung und Respekt schlagen sich nicht in Auftrittsmöglichkeiten nieder. Er erfahre in diesem Bereich eher eine Variation von „No Country for Old Men“.

Dann möchte er auch großorchestral komponieren, wie er es in der Vergangenheit mit Opern und verschiedenen Orchesterwerken immer wieder getan hat, wie zuletzt dem erfolgreichen Bruckner-Projekt „Über die Mathematik des Brausens“ mit dem Bruckner Orchester Linz unter Markus Poschner, dem designierten Chefdirigenten des Radiosymphonie Orchester Wien ab 2026/27. Da zeichnet sich weitere Zusammenarbeit ab.

An verschiedenen universitären Institutionen hat er einzelne Lehrtätigkeiten und wird auch manchen Kompositionsstudentinnen und -studenten weiterhin als Ansprechpartner zur Verfügung stehen und sein Credo weitergeben: Von der Idee zur Form. „Da muss man ehrlich sein und den Ideen die passende Form geben und nicht spekulieren.“ Auch darüber wird er in seinem neuen Domizil in Wien diskutieren – und gemeinsam kochen. „Eine freie Uni wird es da geben im privaten Bereich.“ Und das eine oder andere Hauskonzert...

Porträt von Verena Kienast
Verena Kienast
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