Fürchten neue Macht

Iran-Einigung: Israel und Golfstaaten unter Schock

Ausland
25.11.2013 16:08
Nachdem Israels Regierung unter Premier Benjamin Netanyahu (Bild) bereits mehr als deutlich gemacht hat, was es von der Einigung im jahrelangen Streit um das iranische Atomprogramm hält, sind auch zahlreiche Golfstaaten alarmiert. Denn die Atom-Vereinbarung wird nach Einschätzung von Kritikern den Iran stärken: Das Land werde durch die Lockerung der Sanktionen Reichtum und Macht zurückgewinnen und die Region destabilisieren, mutmaßen sie.

Die führenden arabischen Machtzentren Ägypten und Irak, die seit Jahren unter Aufständen und Religionskonflikten leiden, dürften durch das Abkommen weiter geschwächt werden. Die Golfstaaten befürchten, dass das Abkommen dem Iran den Aufstieg zu einer neuen regionalen Hegemonialmacht ermöglichen könnte, die ihren eigenen Interessen feindselig gegenübersteht.

Großes Aufrüsten der Golfstaaten steht bevor
Als Konsequenz würden sich die arabischen Regierungen am Golf nun diplomatisch und sicherheitspolitisch um Schutz gegen ausufernde Machtbestrebungen des Iran bemühen, prognostizierte am Montag Sami al-Faraj, ein Sicherheitsberater des Golf-Kooperationsrates. "Wir werden mehr Waffen kaufen und prüfen, ob unsere Einkaufsliste der neuen Lage angemessen ist", sagte er.

Besonders in den Golfstaaten ist das Misstrauen gegenüber dem Iran weiter groß. Sie warnen davor, dass die moderaten Regierungsvertreter, die das Atom-Abkommen aushandelten, nicht identisch seien mit den Hardlinern, die die Schiiten in arabischen Ländern gegen deren sunnitische Führung aufstachelten. Diese konservativen Kräfte aber dominierten die iranischen Revolutionsgarden und die Geheimdienste.

USA und Großbritannien winken Milliardengeschäfte
Viele Golf-Araber befürchten auch schlicht, dass die Politik Washingtons weitgehend von geschäftlichen Interessen getrieben wird. Dies gilt ihrer Einschätzung nach für das jahrzehntelange Engagement der USA in den arabischen Staaten am Golf ebenso wie für die jetzt erfolgte Annäherung an Teheran.

"Die USA haben ihre Interessen, und der Iran ist ein lukrativer Markt", sagt der pensionierte saudische Flottillenadmiral und Zeitungskommentator Abdullatif al-Mulhim. "Die Iraner brauchen zum Wiederaufbau viel Infrastruktur, das könnte Milliardengeschäfte für die Ölkonzerne in den USA und in Großbritannien bedeuten." Zudem bereitet den Golf-Arabern die zunehmende Unabhängigkeit der USA vom Erdöl Sorgen, die durch den Fracking-Boom in den Vereinigten Staaten getrieben wird. Viele Araber befürchten, dass damit auch das Interesse der USA erlahmt, die Straße von Hormus zu sichern - die Meerenge im Persischen Golf, die 40 Prozent der weltweiten Erdöltransporte auf See passieren müssen.

Befürworter hoffen auf Stabilisierung des Nahen Ostens
Befürworter der Atom-Vereinbarung argumentieren dagegen, eine Verständigung zwischen den USA und dem Iran könnte dabei helfen, den Nahen Osten zu stabilisieren und den Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten zu entschärfen. Rami Khoury von der American University in Beirut etwa kann sich sogar eine Annäherung zwischen den geistlichen Führern des Iran und Saudi-Arabiens vorstellen, das mit den USA verbündet ist.

"Wenn die Verhandlungen weiter voranschreiten und die Sanktionen langsam aufgehoben werden, wird das die iranische Wirtschaft beleben und irgendwann auch die liberale Bewegung im Land", sagte Khoury. "Ich denke, nach und nach werden wir dann auch gesellschaftliche und politische Fortschritte sehen."

Zudem ermutige das Abkommen die USA und den Iran, auch bei der Lösung des Konflikts in Syriens zu kooperieren und die Gewalt dort zu stoppen, meinte Khoury. Dort entwickle sich mit den sunnitischen Extremisten gerade eine gemeinsame Bedrohung, deren Bomben sich genauso gegen den Iran wie gegen die USA richteten.

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