Im leerstehenden Südbahnhotel auf dem Semmering zeigen die Festspiele Reichenau einen sehenswerten Shakespeare.
Die Zwischenbilanz nach drei von fünf Premieren fällt knapp positiv aus: In Reichenau sah man bisher einen kostbaren „Hiob“ nach Joseph Roth, den beabsichtigten Kassenkracher „Arsen und Spitzenhäubchen“ als kompaktes Debakel (ungeeignet, den Traditions-Nestroy zu ersetzen) und nun einen mehr als soliden „Sommernachtstraum“. Die Außenstelle Südbahnhotel mit ihrer schief in den Angeln hängenden Weltläufigkeit ist besichtigenswert.
Obwohl, um ehrlich zu sein, weder der Ortswechsel noch die Besucherwanderung durch drei Etagen nennenswert zum künstlerischen Gelingen beitragen. Paulus Manker hat im leerstehenden Hotel mit „Alma“ und „Die letzten Tage der Menschheit“ eine andere Schlüssigkeit und Dringlichkeit erzeugt.
Die Regisseurin Maria Happel gewinnt dagegen mit den Benefizien konservativen Sommertheaters: ein geniales Stück, ein exzellent abgemischtes Ensemble, eine Inszenierung, die auf Textarbeit und Personenführung setzt. Der einzige Ausreißer ist die gschaftlhubernde Rahmenhandlung, die sich mithilfe einer konstruierten Shakespeare-Gestalt von Andeutungen zum Sanierungszustand des Hauses bis zu Arno Schmidt und „Zettel’s Traum“ versteigt. Andererseits bringt das Geplapper den großen Martin Schwab ins Spiel. Also: geschenkt.
Interessant ist die Besetzung beider Herrscherpaare mit den beachtlichen Altersspielern Barbara Petritsch und Nicolas Brieger, die speziell den begabten Jungen etwas über Präsenz und Sprechtechnik beibringen könnten. Am besten sind die Rüpel gelungen: Um Sebastian Wendelins Zettel errichten André Pohl, Florian Carove, Helmut Bohatsch, Jakob Semotan und Paul Basonga ein außergewöhnliches Gebilde aus präziser Entfesselung und drastischer Melancholie.
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