Brief nach Amoklauf

Ehemalige Klasse: „Schule macht so vieles richtig“

Steiermark
03.07.2025 05:00

Mehr als drei Wochen nach dem Amoklauf am Grazer Gymnasium Dreierschützengasse wird die Frage, wie es an der Schule weitergeht, immer stärker diskutiert. Nach den Eltern melden sich nun auch ehemalige Schüler per offenem Brief zu Wort – und halten ein leidenschaftliches Plädoyer für die Bildungseinrichtung. 

„Diese Schule ist ein Ort, wie es ihn selten gibt – einer, der jungen Menschen eine Stimme verleiht, sie trotz Leistungssystems auf einem individuellen Weg begleitet, Schüler*innen einen Raum für Freundinnenschaft, Gemeinschaft und Zusammenhalt bietet und vor allem da ist, wenn man mehr braucht.“ Das steht in einem offenen Brief, den ehemalige Schülerinnen und Schüler der 8D-Klasse (2017 bis 2021) am BORG Dreierschützengasse verfasst haben.

Die Schule kennt mittlerweile ganz Österreich, wurde sie doch am 10. Juni Schauplatz eines tragischen Amoklaufs, der zehn Menschen das Leben kostete. Seit vergangener Woche sind die Schüler teilweise wieder zurück im Gebäude. Die Frage, wie rasch die Rückkehr zur Normalität erfolgen soll und wie den jungen Menschen auch über die Sommerferien geholfen werden kann, wird derzeit stark diskutiert. So hat sich etwa am Mittwoch der Elternverein zu Wort gemeldet und sogar eine Verschiebung des Schulstarts im Herbst zur Diskussion gestellt.

Die Trauer war und ist überwältigend.
Die Trauer war und ist überwältigend.(Bild: Jauschowetz Christian)

Einen offenen Brief gibt es nun eben auch von der ehemaligen 8D-Klasse. Sie beschreibt ihre ehemalige Schule in warmen und positiven Worten – den gesamten Wortlaut lesen Sie weiter unten. Auch Einzelstatements von früheren Schülerinnen und Schülern wurden übermittelt. Hier Auszüge daraus:

Die beste Entscheidung meines Lebens. No contest.

Jasper H. 

Ein Ort, der mir nach dem Schulwechsel hierher die Freude am Schulbesuch zurückgegeben hat und an dem ich einfach ich selbst sein durfte.

Katrin M. 

Der Ort, wo ich lebenslange Freunde gefunden habe und meine mentale Gesundheit aufgebaut wurde.

Rusen C. 

Mehr als eine Schule! Es ist ein Ort, an den ich immer wieder gerne zurückdenke und den ich mit Wärme, Lachen und Zusammenhalt verbinde.

Lena S. 

Ein Ort, wo man Unterstützung in jeder Lebenslage, schulisch, aber auch außerschulisch, erhält und ein Ort für Verständnis.

Lisa S. 

Ehemalige Grazer BORG-Schüler
Der offene Brief im Wortlaut

Dieser offene Brief von einer ehemaligen Klasse des BORG Dreierschützengasse richtet sich an die Öffentlichkeit, die Zeitungen und an alle, die sich mit dieser Schule verbunden fühlen. Wir möchten eines klarstellen: Diese Schule bedeutet uns viel, und es tut weh, Zeilen zu lesen, die diesen Ort anders darstellen, als er ist und war.

Wenn man nach längerer Zeit an seine Schulzeit zurückdenkt, passiert es leichter und schneller als gedacht, eine rosarote Brille aufzusetzen, die stressigen und fordernden Zeiten wegzudenken und Erinnerungen an „damals“ in eine warme Farbe zu tauchen. Das machen wir hier nicht, denn in Anbetracht dieses unvorstellbaren und erschütternden Ereignisses müssen wir nun ehrlich sein. Die Beschönigungsbrille also abgenommen:

Der Beginn des offenen Briefs der früheren Schüler.
Der Beginn des offenen Briefs der früheren Schüler.(Bild: zVg)

Diese Schule ist ein Ort, wie es ihn selten gibt – einer, der jungen Menschen eine Stimme verleiht, sie trotz Leistungssystems auf einem individuellen Weg begleitet, Schüler*innen einen Raum für Freundinnenschaft, Gemeinschaft und Zusammenhalt bietet und vor allem immer da ist, wenn man mehr braucht. Was wir damit meinen, ist ein Angebot: reichende Hände, die junge Menschen in herausfordernden Lebensphasen greifen können, wenn sie das brauchen. Lehrer*innen, die den Menschen sehen und abgesehen von Noten auch hinter die Leistungsfassade blicken.

Bis vor ein paar wenigen Wochen war dieser Ort ein sicherer – und das wird er wieder werden. Dann, wenn diese Schule so weitermacht wie bisher. Dass man immer etwas besser machen kann, sei gewiss. Doch gerade jetzt ist es uns wichtig zu betonen, dass diese Schule schon so vieles richtig macht. Wenn hier jemand die Verantwortung trägt, dann ist es die Politik – und wir alle, die wir mehr unsere Gesellschaft und den Frieden pflegen sollten.

Wir möchten festhalten, dass das BORG Dreierschützengasse uns nicht nur gelehrt hat, in der Studien- und Arbeitswelt zu performen, sondern uns vor allem das Instrument und das Werkzeug in die Hand gegeben hat, die Klasse und Gemeinschaft zu sein und zu werden, die wir heute sind – egal welcher Herkunft, welchen Geschlechts, Glaubens, sexueller Orientierung oder Gesellschaftsschicht.

In diesem Sinne nehmen wir uns ein Beispiel an dieser Schule und halten zusammen, pflegen einander Gesellschaft und reichen uns die Hände – gemeinsam für eine bessere und friedlichere Zukunft für alle Österreicher*innen und für alle Menschen, die hier leben. Ganz unter dem Leitspruch des BORG Dreierschützengasse: „Gemeinsam für das Leben lernen“

Herzlich und in unendlicher Betroffenheit, ehemalige Schüler*innen der 8D-Klasse (2017-2021)

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Steirerkrone
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