Kochkunst

Die Alchemie des Fermentierens

Menschen
20.06.2025 08:04

Im Schwarzenberger Gastro-Tempel „Hirschen“ gibt es einen Keller voller Töpfe, Fässer und Gläser, in denen eines kultiviert wird: die Kunst der Fermentation.

Auch bei Chefkoch Jonathan Burger war die Pandemie schuld: Aus einem fehlgeschlagenen Einweck-Experiment – man hatte ja damals Zeit – wurde schließlich eine Leidenschaft. Heute, rund fünf Jahre später, lässt sich Burger auf der Website des Gasthauses „Hirschen“ in Schwarzenberg nicht nur Chef de Cuisine, sondern auch Koji-Alchemist nennen. Eine Kostprobe seines Könnens lieferte er diese Woche bei einem Branchentreff von „Vorarlberg Tourismus“. Zwölf Personen wurden dafür in den eigens eingerichteten Fermentationskeller geladen.

„Zitronen Lorbeer“ und „Shiso Gurken“
Dieser Keller ist eigentlich im Erdgeschoß des legendären Gasthofs untergebracht, aber finster genug, um als Untergeschoß durchzugehen. Die Regale an den Wänden sind gut gefüllt. Gläser unterschiedlichster Größen mit schneeweißen Spargelstangen, eingelegten Schnittlauchblüten oder Kohlrabiblättern. Bei manchen Gefäßen geben nur die angebrachten Etiketten Aufschluss über den Inhalt: „Zitronen Lorbeer“ etwa oder „Shiso Gurken“. Weiter unten in den Regalen stehen dann die größeren Gefäße, am Boden sind Tonbehälter und ganze Fässer zu sehen. Der Inhalt? Würzsaucen, Maroni-Miso, Bärlauch-Misopaste oder auch Schweine-Garum. Burger ist in seinem Element, wenn er davon erzählt, wie die Idee der Fermentation Besitz von ihm ergriffen hat. Und wie er die Idee schließlich nach und nach gemeinsam mit seinem Team umgesetzt hat.

Im „Hirschen“ versucht man, so viele Produkte wie möglich aus regionalen Lebensmitteln ...
Im „Hirschen“ versucht man, so viele Produkte wie möglich aus regionalen Lebensmitteln herzustellen.(Bild: mathis.studio)

Regional und über den Tellerrand hinaus
Dabei geht es dem Koch, der jahrelang in Neuseeland gelebt hat, ehe er in den „Hirschen“ gelockt wurde, nicht um bloßes Küchen-Chi-Chi, sondern um Regionalität. Welche Produkte müsste man nicht mehr zukaufen, wenn man sie selbst herstellt? Asiatische Sojasauce etwa oder auch Fischsauce. Burger macht das nun selbst.

Im Zuge der Arbeit mit Fermentationsabläufen entstanden natürlich auch Dinge, die nicht unbedingt geplant waren, sich aber als nützlich erwiesen haben, etwa Gewürzsaucen in unterschiedlichen Reifegraden, die sich für Vinaigrettes eignen und dergleichen. Um die sogenannte Koji-Fermentation (Getreide, das mit dem Pilz Aspergillus oryzae beimpft wird) professionell voranzutreiben, hat Burger in der Küche einen eigenen Klimaraum – „Four Seasons“ wird er vom Team genannt – einrichten lassen. Dieser wird je nach Bedarf gekühlt oder beheizt. Zudem kann Feuchtigkeit entzogen oder zugeführt werden. So kann der Pilz unter Idealbedingungen seinen Job erledigen – die erste Stufe, um Würzpasten wie Miso herzustellen. Im „Hirschen“ reift derzeit etwa eine Petersilienwurzel-Misopaste.

Sieht nicht nur gut aus, sondern schmeckt auch exzellent!
Sieht nicht nur gut aus, sondern schmeckt auch exzellent!(Bild: mathis.studio)

Wieder eine Sache weniger auf der Einkaufsliste 
Mit Methoden aus dem asiatischen Raum verarbeitet das Hirschen-Team heimische Lebensmittel und dehnt damit die kulinarischen Grenzen. Das macht sowohl Burger als auch den Gästen Spaß. Zudem versucht der „Hirschen“-Koch auch Konventionelleres selbst herzustellen anstatt zuzukaufen. Bei der Frühstücksmarmelade für den Hotelbetrieb des Gasthofs sei das nun gelungen, erzählt er und lächelt zufrieden. Wieder eine Sache weniger auf der Einkaufsliste.

Das Gemüse, das Burger sauer einlegt, stammt ebenfalls aus Vorarlberg, vieles liefert der Vetterhof aus Lustenau, etwa die hübsch gezackten Shisoblätter oder die orangefarbenen Habanero-Chilis, denen die Schärfe abgezüchtet wurde. Aber natürlich wünscht sich Burger weit mehr Gemüse und Obst aus heimischem Anbau. Doch da stößt er an Grenzen, die nicht aus eigener Kraft niederzureißen sind, denn die Vorarlberger Landwirtschaft ist auf die Milchwirtschaft fixiert – in Strukturen und Förderungen.

Bis sich das ändert und die Politik einsieht, dass etwa das Rheintal wunderbare Ackerböden für den Gemüseanbau bieten würde, wird wohl noch die eine oder andere Misopaste jahrelang – und ganz in Ruhe – reifen können.

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