Über eine Herabsetzung der Strafmündigkeit auf 12 Jahre wird seit Monaten intensiv diskutiert. Ein sexueller Übergriff in Tirol unter unmündig Minderjährigen entfacht die Debatte erneut. In einer aktuellen Anfragebeantwortung durch das Justizministerium wird klar, wie es in dieser Causa weitergehen wird.
Ein erst 12-jähriger Tiroler wurde – wie berichtet – im Vorjahr bei einem Schulausflug von Mitschülern sexuell missbraucht. Da sie die Strafmündigkeit noch nicht erreicht haben, wurde das Strafverfahren eingestellt.
Die Diskussion über die Herabsetzung der Strafmündigkeit – zuletzt auf 12 Jahre – ist nicht neu. Nun wird sie um ein weiteres Kapitel reicher. Auf Initiative der Tiroler Freiheitlichen – sie brachten diesbezüglich einen Antrag ein – liegt nun die Stellungnahme von Seiten des Justizministeriums vor. Und diese beinhaltet aufschlussreiche Details.
„Senkung wird nicht geplant“
Die klare Positionierung vorweg: „Eine Senkung der Strafmündigkeitsgrenze mit dem Ziel, Kinder ab Vollendung des 12. Lebensjahres strafrechtliche Sanktionen, wie etwa Geld- und letztlich auch Freiheitsstrafen verhängen zu können, wird vom Bundesministerium für Justiz nicht geplant.“
Das wird damit begründet, dass der österreichischen Rechtsordnung die Überzeugung zugrunde liege, „dass die Strafbarkeit eines Verhaltens grundsätzlich erst dann eintreten soll, wenn der Täter eine Altersgrenze erreicht hat, bei der die nötige Einsicht in das Unrecht der Tat vorausgesetzt werden kann“. Diese Grenze wurde hierzulande mit der Vollendung des 14. Lebensjahres festgesetzt.
Unter Umständen kann es sogar die Pflicht der Obsorgeverpflichteten sein, einem Kind die Freiheit zu entziehen – vor allem, um das Kind selbst vor weiterem Schaden zu bewahren.
Justizministerium
„Bestehende System funktioniert großteils“
Zudem betont das Justizministerium, dass „nur ein geringer Teil der jungen Bevölkerung“ straffällig werde und unter diesen Straftaten „nur ein äußerst geringer Anteil“ eine schwere Straftat sei. In einem Großteil der Fälle funktioniere das bestehende System. „In jenen wenigen, aber meist sehr medienwirksamen Fällen funktioniert die Kooperation der Systempartner jedoch nicht optimal.“
Und spannend auch folgende Sichtweise des Justizministeriums: „Unter Umständen kann es sogar die Pflicht der Obsorgeverpflichteten sein, einem Kind die Freiheit zu entziehen – vor allem, um das Kind selbst vor weiterem Schaden zu bewahren.“
Fokus liegt auf Normverdeutlichungsgespräche und Co.
Im Zuge der Beantwortung wird auch darauf hingewiesen, dass das aktuelle Regierungsprogramm „strengere Maßnahmen“ zur Bekämpfung von Jugendkriminalität vorsehe – und zwar wie folgt:
„Die Arbeiten an der Umsetzung des Regierungsprogrammes haben bereits begonnen“, heißt es.
Nur gut zureden und die Hand halten wird kriminelle Jugendliche, die oft noch ein Suchtverhalten an den Tag legen, nicht vor strafbaren Handlungen abhalten.
FP-Landesparteichef Markus Abwerzger
Bild: Birbaumer Christof
Tiroler FPÖ schreit auf
„Leider sind die Stellungnahmen – erwartungsgemäß – enttäuschend. Die Bundesregierung nutzt nicht die Chance tiefgreifender und unbedingt notwendiger Reformen im Jugendstrafrecht. Die Maßnahmen der Regierung sind nicht mehr als Placebo-Maßnahmen und werden nichts ändern“, betont FP-Landesparteichef Markus Abwerzger.
Es brauche „echte Reformen“, die Schweiz sei „absolutes Vorbild“ in diesem Bereich. „Sie hat zwar eine Strafmündigkeit bereits ab 10 Jahren, dafür aber deutlich weniger inhaftierte Jugendliche als wir“, erklärt der Politiker. Und es brauche Maßnahmen, die auch „einen Zwang für die Jugendlichen“ bedeuten. „Nur gut zureden und die Hand halten wird kriminelle Jugendliche, die oft noch ein Suchtverhalten an den Tag legen, nicht vor strafbaren Handlungen abhalten.“
„Das ist leider oft zu spät“
Seine klaren Forderungen lauten: „Es braucht umfassende Maßnahmen, eine engmaschige präventive Betreuung und eine Verpflichtung zur Therapie. Das alles geht aber nur, wenn man die Strafmündigkeit herabsetzt. Sonst kann man auf die Jugendlichen erst mit 14 zugreifen, was – leider – oft schon zu spät ist. Ein Jugendstrafrecht nach Schweizer Vorbild ist das Gebot der Stunde, nicht das Verharren in ideologischen Schranken“, betont Abwerzger.
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