Für die ÖBB ist der Sachverhalt zu Graffitis an Zügen klar. Das neue Zentrum für Kunst- und Kulturrecht der Uni Graz beschäftigt sich nun mit den rechtlichen Fragen zum Thema. Die Grenzen zwischen künstlerischer Freiheit und strafrechtlichen Verstößen sind aber verschwommen, niemand kennt sie genau.
Egal ob kreatives Meisterwerk oder blanke Schmiererei – Graffitis auf Bahnwaggons der ÖBB haben keine Zukunft. Der Ruf nach künstlerischer Freiheit hat hier nur wenig Wirkung: „Aus der Sicht eines neutralen Betrachters sind natürlich manche Graffitis schön, aber unsere Züge müssen aus vertraglicher Sicht einfach sauber sein“, erklärt Roman Hahslinger, Konzernbeauftragter Security der ÖBB.
Allein im vergangenen Jahr entstand in Österreich ein Sachschaden von rund 4,5 Millionen Euro aufgrund illegal angebrachter Graffitis auf Bahngarnituren. „Die Summe setzt sich einerseits aus den tatsächlichen Reinigungskosten und andererseits aus der dafür notwendigen Stehzeit des Zuges zusammen“, schildert Hahslinger. Für die Bahngarnituren gibt es aber keine Waschstraße: „Die Graffitis werden händisch von Mitarbeitern abgeschrubbt.“ Jeder Vorfall wird von der ÖBB zur Anzeige gebracht: 2024 waren es rund 2700.
Kunst oder Schmiererei?
Aus künstlerischer Sicht ist das Thema nicht so einfach. Fest steht aber, dass kreatives Schaffen hin und wieder den guten Geschmack und manchmal auch das Gesetz verletzt. „Auf die Frage, wo Kunst endet und der strafrechtliche Verstoß beginnt, gibt es keine klare Antwort. Eine Definition des Kunstbegriffes ist in dieser Form nicht möglich“, erklärt Antonia Bruneder vom Zentrum für Kunst- und Kulturrecht. Die Grenzen zwischen künstlerischer Freiheit und strafrechtlichen Verstößen sind verschwommen, niemand kennt sie genau. Darum widmet sich die Uni Graz nun diesem Spannungsfeld und eröffnet ein neues Zentrum für Kunst- und Kulturrecht, das sich genauer mit der Thematik beschäftigt.
„Unsere Forschung befasst sich mit den rechtlichen Fragen. Wir möchten uns diese von einem objektiv wissenschaftlichen Standpunkt anschauen“, sagt Bruneder. Zudem fungiert das Zentrum als Anlaufstelle für Künstler, Veranstalter und auch die öffentliche Hand, und möchte Aufklärung zu den Rechten von Künstlern betreiben. Regelmäßig finden außerdem Podiumsdiskussionen statt – am Dienstag die erste zum Thema „Graffiti: Kunst oder Kriminal“ – um eine interdisziplinäre Vernetzung zwischen Experten und Menschen aus der Praxis zu ermöglichen und fördern.
Während das Forschungszentrum sich also mit den juristischen Grauzonen beschäftigt, appelliert Hahslinger im Namen der ÖBB an die Künstler: „Bitte besprüht unsere Züge nicht. Die daraus resultierenden finanziellen Schäden und Zugausfälle betreffen uns alle“ – egal ob Kunst oder nicht, am Zug muss das weg.
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