ÖBB muss sparen

Mühlkreisbahn benutzen nur 375 Fahrgäste pro Tag

Oberösterreich
21.05.2025 19:18

Überlegungen der ÖBB, einige Regionalbahnen auf Busse umzustellen, sorgen in Oberösterreich für Aufregung. Konkret geht es um die Hausruck-, die Almtal- und den Nordteil der Mühlkreisbahn. Mit weniger als rund 2500 Fahrgästen pro Tag sei die Schiene volkswirtschaftlich nicht vertretbar, argumentieren die Bundesbahnen – und die drei Strecken liegen teils deutlich unter dieser Marke, so die ÖBB.

Auch die ÖBB müssen einen Beitrag zur Budgetkonsolidierung des Bundes leisten. Rund 10 Prozent der Ausgaben im neuen ÖBB-Rahmenplan bis 2030 sind dem aktuellen Sparkurs zum Opfer gefallen. Statt der ursprünglich vorgesehenen 21,9 Mrd. Euro stehen für den bundesweiten Bahnausbau im Zeitraum 2025 bis 2030 nur mehr 19,7 Mrd. Euro zur Verfügung. Das bedeutet: Einige Projekte werden verschoben, andere hinterfragt. In Oberösterreich betrifft das den nördlichen Teil der Mühlkreisbahn, die Almtal- und die Hausruckbahn. Allerdings geht es nicht um eine komplette Streichung des Öffi-Angebots, sondern um eine Verlagerung auf Busse, deren Betrieb dann allerdings dem Land bzw. dem Oberösterreichischen Verkehrsverbund zufallen würde und nicht mehr den ÖBB.

Schlechte Aussichten fürs Obere Mühlviertel
Bei der Mühlkreisbahn geht es um den nördlichen Abschnitt von Aigen-Schlägl nach Rottenegg, wo bei einem – je nach Tageszeit – Ein- bzw. Zweistundentakt täglich nur 375 Fahrgäste unterwegs sind. Die Prognose für die kommenden 15 bis 20 Jahre geht davon aus, dass man künftig vielleicht 600 Passagiere pro Tag erreichen könnte. Etwas besser verhält es sich bei der Hausruckbahn und der Almtalbahn: Die Hausruckbahn zwischen Attnang-Puchheim und Schärding hat derzeit 1200 Fahrgäste pro Tag, die Prognose liegt bei 1900, die Almtalbahn von Wels nach Grünau liegt bei 1500 Fahrgästen am Tag, prognostiziert werden 1950.

Natürlich können Regionalbahnen nicht mit urbanen Verbindungen mithalten, Spitzenreiter in Österreich ist die Wiener Stammstrecke mit 250.000 bis 300.000 Fahrgästen pro Tag und einem Takt von wenigen Minuten Abstand. Aber etwa die Mattigtalbahn oder Innkreisbahn in Oberösterreich liegen mit 5.000 bis 7.000 Fahrgästen täglich deutlich besser als die drei zu evaluierenden, auch niederösterreichische Regionalbahnen würden sich in der Größenordnung zwischen 4.000 und 7.000 Passagieren bewegen. Die „magische Grenze“, ab der eine Regionalbahn volkswirtschaftlich vertretbar ist, beziffert Franz Hammerschmid, Leiter der Strategischen Planung bei den ÖBB, mit etwa 2.000 bis 2.500 Fahrgästen pro Tag.

Vom nördlichen Mühlviertel nach Linz ist der Bus schneller
Daher könnte es bei Almtal-, Hausruck und nördlicher Mühlkreisbahn sinnvoller sein, sie als Busse zu führen, argumentiert er. Darüber wollen die ÖBB mit dem Land Oberösterreich reden. Dort ist man – in rarer Einigkeit von blau bis grün – allerdings not amused über die Überlegungen. Verkehrslandesrat Günther Steinkellner (FPÖ) sprach zuletzt von einem „Frontalangriff auf die Mobilitätsbedürfnisse zig Tausender Menschen, die tagtäglich auf diese Bahnstrecken angewiesen sind“ und sieht das Projekt der Linzer Regionalstadtbahn untergraben, deren Rückgrat die Mühlkreisbahn sei.

Die ÖBB wollen das differenzierter betrachtet wissen: Den südlichen Abschnitt der Mühlkreisbahn zwischen Rottenegg und Linz „haben wir nie infrage gestellt“, betonte Hammerschmid. Und die Strecke zwischen Aigen-Schlägl und Rottenegg könne man angesichts der niedrigen Fahrgastzahlen auch mit Bussen führen – noch dazu, wo es zwischen Aigen-Schlägl und Ulrichsberg bereits „ein extrem dichtes Busangebot seitens des Landes“ in Richtung Linz gebe, das von den Pendlern gut angenommen werde. Aus dem nördlichen Mühlviertel sei man mit dem Bus sogar um 30 Minuten schneller in Linz als mit der Bahn. Und daran hätte sich auch im alten Rahmenplan nichts geändert, denn dieser hätte nur Investitionen in den Bestandserhaltung vorgesehen und keine Begradigung oder Beschleunigung der Strecke. 600 Pendler auf Busse zu verlagern – „das sind 10 Busse mehr“, so Hammerschmid.

Das sagt der Landeshauptmann
„Wir müssen den Spagat zwischen Einsparungen und wichtigen Investitionen finden“, sagt Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP), „dazu gehört, dass auch die Nebenbahnen nicht einfach so gestrichen werden dürfen“. Ein „Rütteln an den Regionalbahnen wäre das völlig falsche Signal“. Diese Bahnstrecken infrage zu stellen, sei „gegen jede verkehrspolitische Vernunft“.

Und das die Grünen
Für die oberösterreichischen Grünen steht fest, dass die Strecken als Bahnverbindungen erhalten bleiben sollten: „Regionalbahnen sind kein Auslaufmodell, sondern echte Zukunftsadern“, so Klubobmann Severin Mayr. Sie sollten vielmehr erhalten und ausgebaut werden.

Pendlerinitiative ist dagegen
„Einsparungen sind der falsche Weg“, findet auch die Pendlerinitiative Oberösterreich. Sie fordert ein „klares Bekenntnis zur Regionalbahn-Infrastruktur“ seitens der Politik. „Ein Rückbau dieser Bahnverbindungen wäre ein schwerer Rückschritt für die Mobilität im ländlichen Raum“, befürchtet Sprecher Franz Lumetsberger.

Aktuelle Stunde im Landtag
ÖVP und FPÖ beantragen für den 5. Juni gemeinsam eine aktuelle Stunde im Landtag zu dem Thema. FPÖ-Klubobmann Thomas Dim und ÖVP-Klubobfrau Margit Angerlehner halten die Pläne für „verheerend und kurzsichtig“ und lehnen „Einsparungen auf Kosten der ländlichen Regionen“ ab. Regionalbahnen würden für diese zentrale Lebensadern darstellen. Sie verweisen darauf, dass 2019 zwischen Land, Bund und ÖBB ein „umfangreiches Attraktivierungspaket für genau jene Bahnstrecken“ über 245 Millionen Euro vereinbart worden sei, wobei das Land für die Almtalbahn 24,8 Millionen, für die Hausruckbahn 27,8 Millionen und für die Mühlkreisbahn: 26,4 Millionen Euro beisteuern sollte. Man poche auf die Einhaltung der Finanzierungszusagen des Bundes, um die Regionalbahnen dauerhaft abzusichern.

Porträt von Krone Oberösterreich
Krone Oberösterreich
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