(Bild: KMM)

Stalin als Chef

Sie sollen nicht „prüfen“, Sie sollen verhaften!

Täglich Psychoterror, Wutanfälle und Bestrafungen: Wer für Stalin arbeitete, lebte ständig mit der Angst, der nächsten Säuberungswelle zum Opfer zu fallen. Seine Mitarbeiter stattete der Diktator zwar mit enormer Macht aus, doch er degradierte sie gleichzeitig zu reinen Befehlsempfängern.

Ein Dokument des Zentralkomitees aus dem Jahr 1947 belegte den schlechten Gesundheitszustand von Stalins höchsten Funktionären: Eine Analyse ergab, dass viele von ihnen – obwohl noch relativ jung – unter Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und des Nervensystems litten. Eine große Zahl an Funktionären war in ihrer Arbeitsfähigkeit ernsthaft beeinträchtigt. Ursache dieser Erkrankungen waren die aufreibende Arbeit, die Tatsache, dass die meisten von ihnen praktisch Tag und Nacht Stalin zur Verfügung standen – und Stalin selbst.

Um neben Stalin zu arbeiten, brauchte man eine eiserne Konstitution, denn man musste mit der permanenten Furcht vor dessen Wutanfällen, Bestrafungen und Verhaftungen umgehen können. Selbst Stalins engste Weggefährten, die in den Anfangsjahren an seiner Seite gekämpft hatten, lebten in der ständigen Angst, vernichtet zu werden: Die Funktionäre bewegten sich nur auf Zehenspitzen, blickten stets ängstlich über die Schulter und versuchten, so viel Verantwortung wie möglich von sich zu schieben.

Stalins Mitarbeiter waren jung und kannten kein Mitleid
Eine Maßnahme zum Machterhalt waren Stalins permanente Versetzungen seiner Mitarbeiter und die ständige Neuorganisation aller Ämter – niemand sollte sich zu sicher fühlen oder ein ergebenes Netzwerk aufbauen. Das wichtigste Mittel zur „Stalinisierung“ der Sowjetregierung und ihrer höchsten Führung waren aber die massenhaften Säuberungen der Dreißigerjahre. Stalin hievte junge Neulinge in die wichtigsten Positionen, stattete sie mit enormer Macht aus und legte das Schicksal von Millionen Menschen in ihre Hände; im Jahr 1940 waren fast 60 Prozent der Parteisekretäre in den Zentralkomitees der Sowjetrepubliken jünger als 25 Jahre.

Stalin fühlte sich immer von Feinden und Verrätern umgeben.
Stalin fühlte sich immer von Feinden und Verrätern umgeben.(Bild: picturedesk)

Diese neue Nomenklatura war berauscht von dem Gefühl, einem allmächtigen Regierungsapparat anzugehören, und geblendet von ihrer eigenen Wichtigkeit. Gleichzeitig waren die Parteifunktionäre völlig frei von Mitgefühl, Selbstreflexion oder irgendeinem Verständnis für andere. Wer jedoch die wirkliche Macht hatte, sagte Stalin deutlich: „Ihr seid blind wie kleine Kätzchen. Ohne mich würden euch die Imperialisten erwürgen.“

Stalins Führungsstil führte zu Katastrophen
Wer das Glück hatte, zu überleben, empfand Stalin gegenüber eine tiefe Dankbarkeit, die sich bis zur Demut steigern konnte. Das Schicksal der Vorgänger vor Augen und die rundherum stattfindenden Bestrafungen und Säuberungen taten dann ein Übriges, um selbst Funktionäre in reine Befehlsempfänger zu verwandeln.

Aufschlussreich sind auch Stalins handschriftliche Bemerkungen, die er auf Verhörprotokollen hinterließ: „Sie sollen nicht ‘prüfen‘, Sie sollen verhaften“, ist nur eine der vielen Anweisungen für die seiner Meinung nach zu milden Verantwortlichen. In den Verhörprotokollen wimmelt es von Hinweisen auf Verschwörungen und den allgegenwärtigen Feind. Stalin fühlte sich zu jeder Zeit von Feinden und Verrätern umgeben und war sich sicher, dass er sich nur auf einen Menschen wirklich verlassen konnte: sich selbst. Und das führte zu unfassbaren Tragödien.

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