(Bild: KMM)

Teppich von Bayeux

Zufall? Nach 1000 Jahren wieder ein König William

Haben Sie sich jemals gefragt, warum es im Englischen stets zwei Begriffe für ein deutsches Wort gibt – eines davon meist mit französischer Wurzel? Und warum König Charles' ältester Sohn auf den Namen William getauft wurde? Die Antworten findet man in einem mittelalterlichen Wandteppich. 

Der Teppich, um den es sich handelt, ist ein Wandteppich, der 68 Meter lang und 50 Zentimeter hoch ist. Die Stickereien, die den Teppich zieren, gelten als bedeutendste des gesamten Mittelalters. Dargestellt ist – in 58 verschiedenen Szenen – ein Schlüsselerlebnis der englischen Geschichte: Jene der Eroberung Englands durch den Normannenfürsten William, seines Zeichens Eroberer, bis zur Schlacht von Hastings im Jahr 1066, als William die Angelsachsen unter ihrem König Harald II. endgültig besiegte. Es ist der berühmte Teppich von Bayeux aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts, der diesen Wendepunkt in der Geschichte der britischen Insel festhält. Ausgestellt ist er in der Normandie, eine Kopie befindet sich im englischen Reading.

Diese „normannische Eroberung“ der Insel prägt das Land kulturell bis heute: Die „angelsächsische Epoche“ (ca. 450 bis 1066) wurde schlagartig beendet. Hatten bis zu diesem Zeitpunkt Sachsen und Angeln, gemeinsam mit Stämmen aus Friesen, Jüten und Niederfranken, die Insel dominiert und die „angelsächsische Kultur“ hervorgebracht, so wurde England mit William, dem Eroberer, nun „kontinentaler“.

Der Normannenfürst William schifft sich mit seinem Gefolge für die Überquerung des Ärmelkanals ein. (Bild: Archiv Gerstenberg / Ullstein Bild / picturedesk.com)
Der Normannenfürst William schifft sich mit seinem Gefolge für die Überquerung des Ärmelkanals ein.

Das Jahr 1066 veränderte das Inselreich für immer
Denn die britische Insel wurde kulturell wie auch politisch näher an Kontinentaleuropa herangeführt, der nordeuropäisch-skandinavische Einfluss auf die Insel war vorbei. Und die bis ins Jahr 1066 vorherrschende Sprache und Kultur wurde nun grundlegend verändert.

Haben Sie sich zum Beispiel jemals gefragt, warum es im Englischen stets zwei Begriffe für ein deutsches Wort gibt – eines davon meist mit französischer Wurzel? Warum es im Englischen schlichtweg mehr Vokabeln gibt als in den meisten anderen Sprachen? Die Antwort: Weil die Bevölkerung Englands nach der Schlacht von Hastings quasi bilingual war. Die angelsächsische Adelsschicht wurde komplett durch Franzosen (exakter: romanisierte Normannen) ersetzt. Englisch sprachen nur mehr die Angehörigen der unteren Schicht, die Elite dagegen normannisches Französisch. Aus dieser Situation heraus entwickelte sich ab etwa 1100 das neue Mittelenglisch mit seiner Unmenge an Vokabeln, die jeweils angelsächsischen wie auch französischen Ursprung haben.

Die normannische Flotte überquert den Ärmelkanal. Die Abstammung der Normannen von den Wikingern (Normannen = „Nordmänner“) ist angesichts der Art der Schiffe offensichtlich. (Bild: Archiv Gerstenberg / Ullstein Bild / picturedesk.com)
Die normannische Flotte überquert den Ärmelkanal. Die Abstammung der Normannen von den Wikingern (Normannen = „Nordmänner“) ist angesichts der Art der Schiffe offensichtlich.
Normannische Bogenschützen nach der Landung in England. Der Teppich von Bayeux bietet mittelalterliche Alltagsgeschichte pur: Ausrüstungen, Haartrachten und Gewänder werden präsentiert wie in einem modernen Magazin. (Bild: akg-images / picturedesk.com)
Normannische Bogenschützen nach der Landung in England. Der Teppich von Bayeux bietet mittelalterliche Alltagsgeschichte pur: Ausrüstungen, Haartrachten und Gewänder werden präsentiert wie in einem modernen Magazin.

Auch wirtschaftlich erlebte England nun einen fulminanten Aufstieg: Unter der neuen normannischen Herrschaft wurden die Grundlagen für das höchstentwickelte Verwaltungssystem Westeuropas gelegt und ein für damalige Verhältnisse modernes Rechtssystem bildete sich heraus.

Seit den Normannen glückte keine Invasion auf der britischen Insel mehr
Auf der anderen Seite handelte sich die Insel mit seinen neuen normannischen Herrschern dafür dauerhaft englisch-französische Konflikte ein, und zwar bis ins 19. Jahrhundert.

Nicht vergessen werden darf die mythische Bedeutung des Jahres 1066 für die Briten. Denn seit diesem Zeitpunkt ist keine Invasion auf die britische Insel mehr geglückt. Sowohl Napoleon als auch Hitler haben sich an Großbritannien die Zähne ausgebissen, darauf sind die Briten besonders stolz.

Und nicht zuletzt schuf William, der Eroberer – der Superheld des Teppichs von Bayeux – die Grundlagen für eines der mächtigsten Königtümer Europas. Es ist kein Zufall, dass der erstgeborene Sohn von Prinz Charles und Prinzessin Diana den Namen William erhielt.

(Bild: Suzanne Plunkett / REUTERS / picturedesk.com)

Denn nach menschlichem Ermessen wird er im Jahr 2066 britischer König sein. Genau 1000 Jahre nach William, dem Eroberer, wird wieder ein William den Thron innehaben.

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