Premiere in der EU
Homosexuelle schildern in Studie ihre Situation
Schwerpunktthemen der Studie bilden Diskriminierungserfahrungen im Alltags- und Arbeitsleben sowie im Bildungsbereich. So wurde etwa die Hälfte (47 Prozent) der LGBT während der dem Befragungszeitpunkt vorangegangenen zwölf Monate Opfer von Diskriminierung. Österreich liegt hierbei mit 48 Prozent knapp über dem Durchschnittswert. Demgegenüber scheint das Klima für LGBT in den Niederlanden mit rund einem Drittel Betroffenen insgesamt etwas freundlicher zu sein. Ungarn schnitt am schlechtesten ab: Rund zwei Drittel wurden Opfer von Diskriminierung.
Abschätzige Kommentare bei Arztbesuchen
Die FRA mit Sitz in Wien kam insgesamt zur Erkenntnis, dass sich zahlreiche LGBT EU-weit inklusive Kroatien aus Angst nicht zu ihrer sexuellen Orientierung bekennen. Zudem zögen sich Diskriminierungserfahrungen durch viele Aspekte des Alltagslebens: So mussten sich einige der Befragten bei Arztbesuchen abschätzige Kommentare gefallen lassen, auch im Bankenbereich gebe es gelegentlich Diskriminierungsfälle gegenüber LGBT-Kunden. Auch Rauswürfe aus Restaurants mit den Worten "Sie sind hier nicht willkommen" seien vorgekommen.
Gewalttätige Übergriffe auf Transgender-Personen
Zwei Drittel (66 Prozent) der insgesamt 93.097 Befragten geben an, auf ein öffentliches Händchenhalten zu verzichten. Bei Schwulen und bisexuellen Männern trifft dies auf grob drei Viertel der Befragten zu. In Österreich unterlässt über die Hälfte der LGBT (54 Prozent) diese zuneigende Geste in der Öffentlichkeit. Grund dafür sei Angst vor Belästigung, Beschimpfung oder Bedrohung. Gewalttätigen Übergriffen und Drohungen sehen sich in erhöhtem Maße Transgender-Personen ausgesetzt: Über ein Drittel wurde einmal attackiert, knapp ein weiteres Drittel machte diese Erfahrung bereits drei Mal - und öfter.
"Für viele Betroffene war die Schulzeit die Hölle"
Am Arbeitsplatz und auf Jobsuche sehen sich europaweit trotz EU-Recht des garantierten Schutzes rund ein Fünftel der LGBT Diskriminierung ausgesetzt. Neun von zehn Befragten wurden während ihrer Schulzeit Zeugen von abschätzigen Kommentaren gegenüber lesbischen, schwulen, bisexuellen oder Transgender-Mitschülern. Rund zwei Drittel aller Befragten versteckten ihre sexuelle Orientierung in der Schule. "Für viele Betroffene war die Schulzeit die Hölle", sagte Abbing. Manche würden noch heute unter diesen Erfahrungen leiden.
EU hat auf mehreren Ebenen Handlungsbedarf
Aus Sicht der FRA bestehe für die EU-Mitgliedsstaaten auf mehreren Ebenen Handlungsbedarf: Im Bildungsbereich könnten Kampagnen zur Situation von LGBT für Lehrpersonal, Eltern und Schüler Vorurteilen und Ausgrenzung entgegenwirken. Zur Bekämpfung von Diskriminierung im Arbeitsbereich sei die EU mit adäquaten Maßnahmen gefordert. Um der Angst von LGBT vor Übergriffen entgegenwirken zu können, brauche es die rechtliche Einbettung auf EU-weiter und nationaler Ebene zur Anerkennung und zum Schutz der Betroffenen. In Österreich könnte dies etwa durch eine Erweiterung des bestehenden Verhetzungsparagrafen gewährleistet werden.
2.543 Österreicher nahmen an der Umfrage teil
Die Befragung wurde innerhalb von drei Monaten im Jahr 2012 durchgeführt, das Mindestalter für die Teilnahme lag bei 18 Jahren. Aus Österreich nahmen insgesamt 2.543 Personen an der Studie teil. Die FRA hat ihren Sitz in Wien, besteht seit sechs Jahren und hat eine beratende Funktion zur Verbesserung der Menschenrechtslage in der EU inne.
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