Parlamentswahl

Island: Linke Regierung deutlich abgestraft

Ausland
28.04.2013 11:07
Island steht nach der Parlamentswahl vor einem Machtwechsel. Nach Auszählung aller Stimmen lag das rechte Lager Sonntag früh deutlich vor den linken Regierungsparteien. Stärkste Kraft wurde mit leichten Zugewinnen von drei Prozent die Unabhängigkeitspartei mit 26,7 Prozent. Damit hat ihr Chef Bjarni Benediktsson (Bild) die besten Aussichten, Ministerpräsident zu werden.

Amtsinhaberin Johanna Sigurdardottir, die das Land nach der Finanzkrise und dem Bankenkollaps vor rund fünf Jahren wieder stabilisierte, erlitt dagegen eine herbe Niederlage. Vor allem Einsparungen im Gesundheitswesen und dem Streben nach einem EU-Beitritt erteilten die Wähler eine Absage.

Koalition scheint schon fix
Die Unabhängigkeitspartei von Benediktsson dürfte wohl mit der Fortschrittspartei eine Koalition bilden. Den Zahlen zufolge kommen beide zusammen auf 51 Prozent und damit auf 38 der 63 Abgeordnetensitze. Beide waren bis zur isländischen Finanzkrise 2008 nahezu 30 Jahre lang in der Regierung gewesen, häufig in gemeinsamen Koalitionen. Die Fortschrittspartei kommt auf 24,3 Prozent, mit einem Plus von neun Prozent gilt sie als die größte Gewinnerin der Wahl. Sie erhielt mit 19 Mandaten gleich viele wie die Unabhängigkeitspartei.

Die Sozialdemokraten verloren mehr als die Hälfte ihrer Wähler, kamen auf lediglich 12,9 Prozent und neun Sitze im Parlament. Ihr Koalitionspartner, die links-grüne Bewegung, halbierte ebenfalls ihren Stimmanteil und kommt nur noch auf 10,9 Prozent.

Von den Verlusten der etablierten Parteien konnten auch zwei neue Gruppierungen profitieren. Die sozialliberale Bewegung "Leuchtende Zukunft", die nach dem Vorbild der Partei des Komikers und Reykjaviker Bürgermeisters Jon Gnarr gegründet wurde, erreichte auf Anhieb 8,4 Prozent und sechs Mandate. Die Piratenpartei schaffte mit 5,1 Prozent und drei Mandaten knapp den Parlamentseinzug.

"Wir bieten einen anderen Weg"
Wahlsieger Benediktsson versprach nun einen Kurswechsel. "Wir bieten einen anderen Weg, einen Weg, der zu Wachstum, sozialer Sicherheit, mehr Sozialleistungen und mehr Arbeitsplätzen führt", sagte der 43-jährige Ex-Fußballprofi. Seine Partei wolle die Steuern senken und den Lebensstandard erhöhen. Zudem kündigte er harte Verhandlungen mit den ausländischen Gläubigern der zusammengebrochenen Banken an - diese müssten sich auf erhebliche Abschreibungen einstellen. Sein voraussichtlicher Koalitionspartner, die Fortschrittspartei, hatte vor der Wahl versprochen, mit dem Geld aus den Verhandlungen überschuldete Hauseigentümer zu entlasten.

Nun Abkehr von der EU-Integration?
Erwartet wird auch eine Abkehr der Isländer von der EU-Integration. Die Unabhängigkeitspartei tritt für einen Abbruch der laufenden Beitrittsverhandlungen mit Brüssel ein, die Fortschrittspartei wiederum zieht ein Referendum über die Frage in Betracht, wie Parteichef Sigmundur David Gunnlaugsson vor der Wahl sagte. "Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Island in nächster Zeit beitritt."

Nach einer Liberalisierung des Bankensektors hatte sich die Insel im Nordatlantik mit ihren 320.000 Einwohnern vor zehn Jahren zu einem europäischen Finanzzentrum entwickelt. Die Geldhäuser lockten mit hohen Renditeversprechen vor allem Anleger aus Großbritannien und den Niederlanden an. Doch in der globalen Finanzkrise brach auch der überdimensionierte Bankensektor in Island zusammen. Drei Geldinstitute kollabierten kurz nacheinander und brachten das Land im Oktober 2008 an den Rand der Staatspleite. Mit einem harten Sparkurs, der vom Internationalen Währungsfonds als beispielhaft gewürdigt wurde, gelang es den Sozialdemokraten, das Land aus der Krise zu führen. Doch Steuererhöhungen und ein nachsichtiger Umgang mit den ausländischen Gläubigern sowie steigende Staatsschulden und eine Reihe politischer Schnitzer kosteten sie Popularität.

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