Betroffene erzählt

Versteckte Armut ist im Burgenland großes Problem

Burgenland
14.11.2024 11:00

Immer mehr Österreicher sind nicht mehr in der Lage, ihre Wohnungen angemessen warm zu halten, jeden zweiten Tag eine ordentliche Mahlzeit einzunehmen oder abgenutzte Kleidung durch neue zu ersetzen. Armut ist aber keine Schande. Sich Hilfe zu suchen, schon gar nicht. 

Etwa 360.000 Menschen in Österreich sind akut von Armut betroffen. Auch im Burgenland ist Armut eine traurige Realität. Aber oft eine versteckte, weil das Thema am Land, wo jeder jeden kennt, meist mit noch mehr Scham behaftet ist als in der anonymen Großstadt. Betroffen sind vor allem Familien mit Kindern und Alleinerziehende.

Marlene Horvath (Name geändert, Anm.) ist eine von ihnen. Die 37-jährige selbstständig tätige Heilpraktikerin aus dem Seewinkel ist alleinerziehende Mutter von drei Kindern. Bis zum Ausbruch der Pandemie 2020 erwirtschaftete sie gute Umsätze. Doch dann war’s damit vorbei.

Sozialeinrichtungen wie die Caritas unterstützen Armutsbetroffene mit einem breiten Angebot. (Bild: stock.adobe.com/stock.adobe.com – Shisu_ka)
Sozialeinrichtungen wie die Caritas unterstützen Armutsbetroffene mit einem breiten Angebot.

Pandemie als Auslöser der Abwärtsspirale
Weil körpernahe Dienstleister wie sie von den Lockdown-Beschränkungen besonders betroffen waren und sie auf Förderungen lange Zeit warten musste, griff sie aufgrund des monatelangen Verdienstentgangs auf ihr Erspartes zurück, um über die Runden kommen zu können. Nach mehreren Operationen 2021 war sie weiterhin arbeitsunfähig.

Im Vorjahr ging dann noch ihre Beziehung in die Brüche. Außerdem musste sie mit den Kindern für eine neue Bleibe und Arbeitsstätte sechs Monate Kaution hinterlegen. „Ich habe gearbeitet und gearbeitet, um das Minus auf meinem Konto auszugleichen. Die Folge war ein Burnout. Seither befinde ich mich in ambulanter Rehabilitation und lebe von der Hand in den Mund“, erzählt Horvath.

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Die hohen Lebensmittel-, Miet- und Energiepreise sind ein großes Problem. Wenn die Politik nicht möchte, dass noch mehr Menschen in die Armut abrutschen, muss unbedingt rasch gehandelt werden. Auch den bürokratischen Aufwand bei der Antragstellung könnte man vereinfachen. Dann würden vielleicht mehr Betroffene ihren Anspruch auf Sozialhilfeleistungen einlösen.

Marlene Horvath, armutsbetroffene Alleinerzieherin von drei Kindern

Täglich steht ein Eintopf am Tisch
Im Monat hat sie knapp 2300 Euro zur Verfügung. Diese Summe setzt sich aus dem Reha-Geld, der Familienbeihilfe und dem Unterhaltsvorschuss des Staates zusammen. Diesen bekommt Horvath für die beiden älteren Kinder, weil deren Vater seit mehr als zehn Jahren als Sozialhilfeempfänger eingetragen ist und angibt, keine Alimente zahlen zu können, obwohl er laut Horvath „auf großem Fuß lebt“.

„Außer meinen Eltern und ein paar Freunden, weiß niemand von meiner Misere. Ich habe Angst vor einem sozialen Stigma. Das ist auch der Grund für meinen Rückzug.“ Einkaufen geht Horvath im Sozialmarkt: „Wir ernähren uns von Kartoffeln, Nudeln, Reis und Gemüse. Damit kann ich sättigende Eintöpfe zubereiten. Ein Schopfbraten oder Rindsschnitzel sind leider nicht drin.“ Die Schulden für Miete, Gas und Strom übernahm der „Wohnschirm“ der Caritas.

Was Marlene Horvath ihren Kindern heuer zu Weihnachten schenkt, ist noch ungewiss: „Vielleicht finde ich hier im Sozialmarkt eine Kleinigkeit für sie.“  (Bild: Reinhard Judt)
Was Marlene Horvath ihren Kindern heuer zu Weihnachten schenkt, ist noch ungewiss: „Vielleicht finde ich hier im Sozialmarkt eine Kleinigkeit für sie.“ 

Aufruf zur Barmherzigkeit
Von 1. Jänner bis Anfang November diesen Jahres suchten 855 Hilfesuchende die Beratungsstellen der Sozialeinrichtung in Eisenstadt, Neusiedl, Oberwart und Güssing auf. 591 davon konnten mit Mietzuschüssen unterstützt werden. Zudem wurden Lebensmittelgutscheine im Wert von 44.211 Euro verteilt.

Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics und Caritas-Chefin Melanie Balaskovics rufen am Sonntag zum Spenden auf. (Bild: Reinhard Judt)
Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics und Caritas-Chefin Melanie Balaskovics rufen am Sonntag zum Spenden auf.

Nachdem immer mehr Mieter aufgrund ausstehender Zahlungen ihre Wohnungen räumen müssen, fordern Caritas-Direktorin Melanie Balaskovics und Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics seitens der burgenländischen Politik „die Weiterführung der Mietpreisdeckelung über Februar 2025 hinaus. Das wäre ein konkreter Schritt zur Entlastung!“

Um weiterhin helfen zu können, sammelt die Caritas am kommenden Sonntag, dem Welttag der Armen, in den Pfarren Spenden im Rahmen der „Elisabeth-Sammlung“. Schon 30 Euro genügen, damit eine Familie in Not ihre Wohnung warm halten kann. Mit 100 Euro wiederum kann man dazu beitragen, dass in Not geratene Alleinerziehende wie Marlene Horvath einen Wocheneinkauf finanzieren können.

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