"Finanz hat versagt"

“Wahlkampfrede” Haslauers sorgt für Unmut in Ausschuss

Österreich
08.03.2013 16:40
Am Freitag ist der Stellvertreter von Landeshauptfrau Gabi Burgstaller, Wilfried Haslauer (ÖVP), im Finanzskandal-Untersuchungsausschuss befragt worden. Bereits mit seinem Eröffnungsstatement, das nahezu die Hälfte der für seine Befragung anberaumten Zeit in Anspruch nahm und vom stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Friedrich Wiedermann als "Wahlkampfrede" tituliert wurde, zog sich Haslauer den Unmut zahlreicher Abgeordneter zu. Zum Skandal selbst meinte der ÖVP-Landeschef, die Finanzabteilung habe versagt.

Dem damaligen Ressortchef David Brenner warf Haslauer "Organisationsunterlassung" vor. Als wahren Skandal bezeichnete er die "Vertuschung der enormen Verluste und die Nichtinformation der Regierung und des Koalitionspartners über das wahre Ausmaß". Auch das Verheimlichen der Sachlage vor dem Landtag und dem Rechnungshof sei Teil des Skandals.

Haslauer listete dann chronologisch auf, wie er ab Mitte Oktober 2012 - nach ersten Medienberichten über angebliche hochriskante Derivatgeschäfte des Landes - wiederholt bei Brenner und Finanz-Hofrat Eduard Paulus nachgefragt habe. Diese Berichte seien als "haltlose Unterstellungen" abgetan worden. Erst am 5. Dezember hätten ihn die beiden dann informiert, dass die inzwischen entlassene Referatsleiterin Monika Rathgeber gestanden habe, an den Regularien vorbei bisher nicht bekannte Geschäfte getätigt zu haben, wodurch bis zu 340 Millionen Euro Verlust entstanden sei.

Haslauer: "Brenner hat die glatte Unwahrheit gesagt"
Die Vorwürfe des ÖVP-Chefs reichten aber weiter zurück: Bereits im Dezember 2008 habe Brenner in einer Anfragebeantwortung "die glatte Unwahrheit" gesagt, weil er darin behauptet habe, Salzburg sei nie an Hochrisikogeschäften beteiligt gewesen. Tatsächlich würden aus dem Krisenjahr 2008 acht Protokolle des Finanzbeirates vorliegen, und "in jedem davon war eine Hiobsbotschaft über extreme Verluste". Dennoch habe die SPÖ damals einen Rohbericht des Bundesrechnungshofes bis nach der Landtagswahl 2009 zurückgehalten, "um die desaströse Entwicklung zu vertuschen", während sie gleichzeitig mit dem Slogan "stabile Finanzen" auf Plakaten den Wahlkampf bestritten habe.

"Entschuldigen Sie, bin ja kein Hellseher"
Schließlich ging der ÖVP-Chef auch auf den bereits wiederholt genannten Vorwurf ein, dass er über seinen Parteikollegen Paulus selbst über die finanzielle Lage des Landes informiert gewesen sein müsste: Hätte ihn Paulus als "einfaches Parteimitglied" schon 2008 über die "Schieflage mit den Millionenverlusten" aufgeklärt, hätte er das sicher schon damals in der Regierung zur Sprache gebracht, "und wäre die Landtagswahl 2009 sicher anders ausgegangen".

Ob er denn als Regierungsmitglied nicht nachgefragt habe, als er im vergangenen Sommer erfuhr, dass die wichtigste Finanzmanagerin des Landes Probleme macht, antwortete Haslauer: "Das war für mich eine Auseinandersetzung über Finanzierungsstrategien und atmosphärische Störungen. Wenn ich in jede Streiterei in einem anderen Ressort eingreife, kann ich meine nicht mehr führen." Es habe keine Hinweise auf gravierendere Probleme im Hintergrund gegeben. "Entschuldigen Sie, ich bin ja kein Hellseher", bemerkte der Landeshauptmann-Stellvertreter lapidar.

"Haben Koalitionspartner vertraut - war vielleicht ein Fehler"
Zum Vorwurf Paulus', der Finanzskandal sei eine Intrige und Inszenierung der ÖVP, meinte Haslauer: "Das ist Unsinn. Paulus war über seine Suspendierung höchst erbost. Es kann keine Rede von einer Intrige sein." Und mit der Einzeltätertheorie konnte sich der VP-Chef am Freitag vor dem Ausschuss auch nicht ganz anfreunden. Er halte es durchaus für möglich, dass Rathgeber versucht hat, mit einem Schattenportfolio ein bei Spekulationsgeschäften entstandenes Minus wiedergutzumachen. "Ich kann aber nicht ausschließen, dass das auch mit Wissen anderer Personen passiert ist."

Haslauer merkte vor dem Ausschuss auch an, dass es nicht die Aufgabe einer Regierungskoalition sei, sich wechselseitig zu kontrollieren. Die Aufgabe der Kontrolle obliege vielmehr dem Landtag und dem Rechnungshof. "Wir haben dem Koalitionspartner vertraut, im Nachhinein war das vielleicht ein Fehler. Vielleicht hätten wir mehr nachfragen sollen", zeigte sich der Landeshauptmann-Stellvertreter ein wenig selbstkritisch.

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