Verfahren vertagt

“Abgekartete Sache” im Pussy-Riot-Prozess?

Ausland
01.10.2012 14:42
Juristisches Tauziehen im Fall Pussy Riot: Ein Moskauer Gericht hat am Montag überraschend das Berufungsverfahren gegen die drei Musikerinnen der Punkband auf den 10. Oktober vertagt. Die Richterin gab einem Antrag der inhaftierten Jekaterina Samuzewitsch (Bildmitte) statt, ihre Anwälte wegen "starker Differenzen" auszutauschen. Ein Justizsprecher warf der Musikerin eine "Verzögerungstaktik" vor.

Ihre Position stimme nicht mit der ihrer Verteidiger überein, sagte Samuzewitsch im Gerichtssaal. Ihre beiden Mitangeklagten, die wie die 30-Jährige erneut in einem Glaskäfig saßen, sowie die Anwälte der Frauen zeigten sich überrascht. Einer der Gründe für das Zerwürfnis sei die "undurchsichtige Verwendung von Spenden für Pussy Riot", berichtete die Zeitung "Nowaja Gaseta". Zudem sollen die Juristen Briefe unterschlagen haben.

Der Anwalt der Nebenkläger sprach von einer "abgekarteten Sache". Er fürchte, dass am 10. Oktober auch die beiden anderen Frauen ihre Verteidiger entlassen würden, um den Prozess in die Länge zu ziehen, sagte Alexej Taratuchin.

Sängerinnen wieder in Untersuchungshaft
Nach der Vertagung wurden Nadeschda Tolokonnikowa (22) und Maria Aljochina (24) - beide Mütter kleiner Kinder - sowie Samuzewitsch zurück ins Untersuchungsgefängnis gebracht. "Keine Sorge, alles normal", sagten sie einer "Nowaja Gaseta"-Korrespondentin. Das Gericht muss entscheiden, ob die Verurteilung "aus tiefstem Hass gegenüber Gläubigen", so der Richterspruch vom 17. August, rechtmäßig ist.

Die drei Künstlerinnen waren für ein "Protestgebet" gegen Präsident Wladimir Putin in einer Kirche zu je zwei Jahren Straflager verurteilt worden. Die Frauen sitzen seit März hinter Gittern. Bürgerrechtler kritisieren das Vorgehen der Justiz als politisch motiviert. Die Anwälte hoffen auf Freisprüche - entweder in Moskau oder vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Polizei nahm Demonstranten fest
Vor dem Gerichtsgebäude nahm die Polizei während des Berufungsprozesses am Montag mehrere Menschen fest, die mit aufblasbaren Puppen eine schärfere Verurteilung der drei Frauen gefordert hatten. Sie kritisierten die internationale Unterstützung für Pussy Riot als "Politschwindel".

Dagegen zeigten zahlreiche andere Demonstranten ihre Sympathie für die Musikerinnen. Sie sangen kremlkritische Lieder der Punkband, während in der Nähe wiederum eine Gruppe orthodoxer Christen Gebete sprach. Die Polizei sicherte das Gebäude im Stadtzentrum mit einem Großaufgebot.

Russische Kirche forderte Pussy Riot zur Buße auf
Vertreter der russisch-orthodoxen Kirche hatten die drei Frauen vor Prozessbeginn zur öffentlichen Buße aufgefordert. Das sei "gut für ihr Seelenheil", sagte Wladimir Legoida vom Moskauer Patriarchat. "Falls mit Buße ein Schuldeingeständnis gemeint ist, so ist das sehr unwahrscheinlich", so Verteidiger Mark Fejgin.

Die Frauen hätten stets klargemacht, dass sie ihr "Punkgebet" gegen Putin als politische Performance sehen. Bei Gläubigen, die sich beleidigt fühlten, hätten sie sich entschuldigt.

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