Wirtschaftsphilosoph, Bestsellerautor und Ex-Handballer Anders Indset traf sich mit der „Krone“ im Hotel Congress in Innsbruck zum Gespräch. Er verrät, worum es in seinen neuesten Buch „Wikinger Kodex“ geht, spricht über Künstliche Intelligenz und wagt einen Blick in die Zukunft.
„Krone“: Mit Ihrem neuen Buch „Wikinger Kodex“ möchten Sie die Geheimnisse des norwegischen Erfolges in Sachen Spitzenleistung enthüllen. Können Sie uns einen kleinen Auszug daraus geben?
Anders Indset: Das Buch beschreibt, wie sich eine Leistungskultur entwickeln lässt, die in Werte verwurzelt ist. Es sind die kleinen, täglichen Ziele, die den Weg zum Erfolg ebnen. Leistung ist nicht allein durch Können oder Talent definiert – es geht mehr um das Wollen als um das Müssen.
Was können wir vom Wikinger Kodex lernen?
Wir müssen erkennen und auch erleben, dass Leistung etwas Schönes sein kann. Die Welt ist nicht absolut und hat auch nicht auf alles eine Antwort. Alles, was wir wissen, beruht auf einer Annahme. Wir Menschen sind aus meiner Sicht „fehltastisch“. Das heißt: fantastisch und fehlerhaft. Wir müssen offener werden, nicht nur reagieren, sondern uns auch bemühen, die Tiefen und Komplexitäten unserer Umgebung zu erkennen und zu verstehen. Wir sind soziale Wesen, die auch weiterhin explorieren und bestehende Grenzen sprengen sollten.
Das Einzige, was die Algorithmen interessiert, ist, dass man schnell reagiert. Es geht nicht um Reflexion, alles beruht auf der Reaktion.
Anders Indset
Welchen Einfluss haben die sozialen Medien auf unsere Gesellschaft?
Die sozialen Medien sind auf sofortige Reaktion ausgelegt. Ein Daumen hoch oder runter wird durch Sichtbarkeit und Ökonomie belohnt. Das Einzige, was die Algorithmen interessiert, ist, dass man schnell reagiert. Es geht nicht um Reflexion, alles beruht auf der Reaktion. Irgendwann fangen wir an, auch so zu kommunizieren. Dies führt dazu, dass wir dabei verstärkt auf unsere eigene, gefühlte Meinung beharren und nicht mehr offen für andere Meinungen sind.
Und welchen Profit bringt uns hingegen die künstliche Intelligenz?
Ich glaube, dass uns der rasche Einzug der künstlichen Intelligenz ein Stück weit dazu bringt, das Denken neu zu erlernen. Wissen ist nicht das Thema, sondern es geht um das Verstehen der Komplexität, sogar eine Liebe zu Komplexität. Wenn wir uns Gedanken um das Gedachte machen, öffnen wir uns für andere Sichtweisen.
Auch das Bewältigen von Mikroambitionen kann ein Erfolg sein, denn das Leben ist die kumulierte Entwicklung von dem, was ich täglich hineingebe.
Anders Indset
Kann eine Leistung, die auf Erfolg beruht, eigentlich noch Spaß machen?
Ich war Leistungssportler, Firmengründer und Unternehmer. Nach außen betrachtet war das sicherlich Erfolg, aber ich habe den Erfolg nicht gespürt. Nach jedem Ziel hatte ich schon das nächste im Auge. Ich war ein Hardcore-Kapitalist und von der Außenwelt getrieben – einer Welt, die Erfolg mit Geld, Goldmedaillen, Ruhm und Anerkennung definiert. Erfolg sollten wir aber als Fortschritt wahrnehmen – wenn wir beispielsweise Krisen überwunden haben, etwas gelernt haben oder die Herausforderungen des Lebens meistern. Auch das Bewältigen von Mikroambitionen kann ein Erfolg sein, denn das Leben ist die kumulierte Entwicklung von dem, was ich täglich hineingebe.
Wir müssen wieder einen Leistungsanspruch an uns selbst haben, denn die Wirtschaft muss weiter funktionieren - nur dann gibt es etwas zu verteilen.
Anders Indset
Wie können wir nutzbringend Talente fördern?
Wir wissen nicht, wie sich die Welt in zehn Jahren verändert und welche Fähigkeiten wir in zehn Jahren brauchen. Daher ist es unsere Aufgabe, die Kinder und Jugendlichen mit einem großen Werkzeugkasten auszustatten. Sie müssen psychisch und physisch widerstandsfähig sein und viele Facetten des Lebens kennenlernen, um sich mit einem spielerischen Ansatz leicht in neue Umgebungen einfügen zu können. Natürlich brauchen sie auch Disziplin, Struktur, Empathie, Teamarbeit, Vorbilder und Werte.
Wie sehen Sie die Zukunft?
Ich wähle den Optimismus. Das Leben ist eine wunderschöne Reise ins Nirgendwo – sofern wir uns nicht einschränken und uns für den Weg des Fortschrittes und der Hoffnung entscheiden. Wir müssen wieder einen Leistungsanspruch an uns selbst haben, denn die Wirtschaft muss weiter funktionieren – nur dann gibt es etwas zu verteilen.
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