Operettenkönig Emmerich Kálmán auf „Abwegen“: Die Grazer Oper brachte in einer konzertanten Fassung sein 1945 in New York entstandenes romantisches Musical „Marinka“ als österreichische Erstaufführung auf die Bühne.
Seine „Gräfin Mariza“ kennt man, natürlich auch „Die Csardasfürstin“, dass Emmerich Kálmán aber nach seiner erzwungenen Emigration in die USA auch amerikanische Unterhaltungsmusik schrieb, hat sich wenig herumgesprochen. Und das, obwohl „Marinka“ 1945 höchst erfolgreich – immerhin 165 Vorstellungen – am Broadway lief.
Doch das romantische Musical über die gar nicht so tragische Liebe zwischen Kronprinz Rudolf und seiner Mary Vetsera, die er liebevoll „Marinka“ nennt, und mit der er heimlich in die USA flüchtet, während in Wien um ihn getrauert wird, geriet in Vergessenheit. In der Nachkriegszeit war der Stoff möglicherweise zu absurd romantisch. Und während die Exilanten in New York einer guten, alten Zeit nachtrauern konnten, die es so nie gab, richtete man hierzulande den Blick lieber nach vorne und versuchte die Vergangenheit zu verdrängen.
Musikalisch treffen in „Marinka“ zwei Welten aufeinander, die Operettenseligkeit der k.u.k.-Monarchie und die vom Jazz beeinflussten Musicalmelodien aus den USA. Da wird die Donau schon einmal zum „Old Man River“, während sich Rudolf und Mary im Walzertakt wiegen.
Musikalischer Hybrid
Die Begegnung mit diesem Hybriden war dennoch erfreulich. Intendant Ulrich Lenz und Katharina Rückl haben den Abend dramaturgisch in Form gegossen, Dirigent Koen Schoots zelebriert mit den Grazer Philharmonikern sowohl das Operettenhafte als auch die Musical-Passagen. Mit viel Schwung fegt er durch den Abend, dem vier Solisten ein solides Rückgrat verpassen.
Da ist Ruth Brauer-Kvam, die als Mary nicht nur jede Menge Charme, sondern auch viel Witz versprüht. Ihr zur Seite steht Matthias Koziorowski als Schwerenöter Rudolf. Beide gefallen in den eher Musical-haften Passagen besonders gut.
Durch den Abend führt ganz souverän Peter Bording als Nachfahre des Kutschers Bratfisch. Und als umwerfend komische Edelbesetzung für die Countess Landowska ist einmal mehr Anna Brull im Einsatz. Und auch der Chor unter Johannes Köhler gefällt.
Dem seltsamen Zeitkolorit mancher Nummern begegnet man mit der notwendigen Ironie. Die Zeiten, wo man Frauen wie Trommeln behandelt und regelmäßig schlägt, sind zum Glück wirklich vorbei.
Den kurzweiligen, unterhaltsamen und oft überraschenden Abend kann man noch einmal am 6. April erleben.
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