An TBC erkrankt

Richter: Elsner für zwei Monate nicht verhandlungsfähig

Österreich
12.06.2012 13:05
Ex-Generaldirektor Helmut Elsner wird im zweiten BAWAG-Prozess nicht so bald vor Gericht erscheinen müssen, weil er - wie sein Anwalt mitteilte - derzeit wegen Tuberkulose behandelt wird. "Elsner ist für die nächsten zwei Monate als verhandlungsunfähig anzusehen, aufgrund der medizinischen Behandlung, die er derzeit erfährt", sagte Richter Christian Böhm zu Beginn der Verhandlung im Wiener Straflandesgericht am Dienstag.

Wie Elsners Anwalt Jürgen Stephan Mertens in einer Aussendung erläuterte, werde bei seinem Mandanten derzeit eine "medikamentöse Chemotherapie" durchgeführt. Der Ex-Generaldirektor der BAWAG sei Ende Mai in die Lungenheilanstalt Natters eingeliefert und innerhalb weniger Tage zweimal punktiert worden. Bei diesen Eingriffen seien über 1,3 Liter Wasser aus der Lunge entzogen worden. Die Ansammlung des Wassers in der Lunge - nach Analyse der entzogenen Flüssigkeit - sei eine Folge der bei Elsner diagnostizierten TBC-Erkrankung.

Elsner-Einvernahme erst im August
Die Verteidiger der übrigen sieben Angeklagten verzichteten nun auf eine Einvernahme Elsners. Staatsanwältin Sonja Herbst und die privatbeteiligte BAWAG verzichteten jedoch nicht. Elsner sei bei den Gesprächen mit dem mitangeklagten Wolfgang Flöttl "unmittelbarer Zeuge" gewesen, formulierte die Staatsanwältin in ihrem Antrag auf Einvernahme Elsners. Der Vertreter des ebenfalls privatbeteiligten ÖGB gab keine Erklärung ab. Elsners Einvernahme ist nun mit Anfang August, in der Woche ab 6. August, angesetzt.

Durch die zweimonatige Verhandlungsunfähigkeit Elsners ist der geplante Urteilstermin im zweiten BAWAG-Prozess jedenfalls endgültig geplatzt. Ursprünglich hatte es vonseiten des Gerichts geheißen, dass ein Urteil am 29. Juni gesprochen werden könnte. Nun wird das Verfahren also auf jeden Fall bis August dauern, wobei für Juli derzeit keine Verhandlungstermine geplant sind. Begonnen hat das Verfahren am 25. April 2012.

Bereits zu zehn Jahren Haft verurteilt
Elsner, der bereits im ersten BAWAG-Prozess wegen Untreue rechtskräftig zur Höchststrafe von zehn Jahren verurteilt worden ist, sitzt auf der Anklagebank, weil die BAWAG auf seine Pensionsabfindung von rund sechs Millionen Euro zugreifen will. Die Bank hatte eine sogenannte Subsidiaranklage gegen Elsner eingebracht.

Von seiner zehnjährigen Haftstrafe hat der frühere Banker viereinhalb Jahre in der Justizanstalt Wien-Josefstadt abgesessen - inklusive U-Haft. Aus gesundheitlichen Gründen wurde er im Juli 2011 für vollzugsunfähig erklärt und entlassen. Elsner hat als einziger aller Angeklagten bisher das Haftübel verspürt.

Zeugeneinvernahme teils humorvoll
Die Zeugenvernahme von Robert Schatzer, früher Leiter der Bilanzabteilung der BAWAG und seit fünf Jahren in Pension, am Dienstag gestaltete sich teilweise humorvoll. Schatzer gehörte zu einem in die Verluste eingeweihten kleinen Kreis in der BAWAG - und hatte so wie die anderen darüber ein Sprechverbot erteilt bekommen. "In meiner Wahrnehmung kam das von Elsner", sagte er vor Gericht. Erstmals habe er über die Verluste durch die Sondergeschäfte mit dem Spekulanten Wolfgang Flöttl im November oder Dezember 1998 vom damaligen BAWAG-Vorstand Johann Zwettler erfahren.

Detailreich schilderte Schatzer ein Treffen mit Flöttl in Paris am 11. November 1999, an dem auch Zwettler und der damalige BAWAG-Generalsekretär Peter Nakowitz teilnahmen. Warum Elsner nicht nach Paris mitgefahren war, wollte der Richter vom Zeugen wissen. "Das war nicht Elsners Stil, um 6 Uhr früh an einem verregneten Novembertag nach Paris zu fliegen und um 23 Uhr zurückzukommen", meinte Schatzer. Elsner wäre vielleicht geflogen, wenn er den Paris-Aufenthalt auf eine Woche ausdehnen hätte können. Darum habe er auf den kurzen Trip seine damalige rechte Hand Nakowitz geschickt.

Flöttl habe in Paris in einer Anwaltskanzlei ein geplantes neues Investment mit BAWAG-Geld geschildert: Sechs unterschiedliche Investments mit völlig verschiedenen Strategien sollten das sein, außerdem sollte das Geld nicht an ihn, Flöttl, sondern an Herrrn Alamouti gehen, der in London renommierter Fondsmanager sei. "Flöttl hat Alamouti in glühenden Farben geschildert - wie wenn ich heute sagen würde, ich hätte den Warren Buffett an der Hand", erinnerte sich Schatzer. Flöttl habe wohl gemeint, "das sind Hinterwäldler aus Wien, denen muss man das mal erklären".

Zweite Zeugin: Führungsstil bei der BAWAG autoritär
Die zweite Zeugin des Verhandlungstages, Renate Zartler-Schwob, wiederholte ihre Aussagen aus dem ersten Verfahren. Sie hatte ab 1998 in der Abteilung "Beteiligungen" die Verwaltung der Sondergeschäfte mit Flöttl über. Von Verlusten habe sie lange nichts gewusst, außerdem war ihr höchste Geheimhaltung angeordnet worden: Statt am Computer habe sie anfangs handschriftlich arbeiten müssen.

Die Geschäfte der BAWAG mit Flöttl nach den Verlusten wurden dann - nachdem das frische Geld schon geflossen war - durch formelle Anträge und Beschlüsse dargestellt, sie habe aber immer nur auf Anweisung gehandelt und die offiziellen Zahlungsaufträge und Kreditverträge im Nachhinein verfasst. Der Führungsstil in der BAWAG sei autoritär gewesen.

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