Der ehemalige Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hat am Montag die deutschen Behörden „auf die Probe gestellt“. Nach Berichten über ein mögliches Einreiseverbot und einer Fahndung nach ihm als Reaktion auf die umstrittene Konferenz von Rechtsextremen in Potsdam konnte der Österreicher aber ohne Probleme im Nachbarland einreisen.
Laut „Passauer Neue Presse“ (Online-Ausgabe) traf Sellner in einem schwarzen Mini gegen 18 Uhr am Grenzübergang Passau ein und wurde von Beamten einer Kontrolle unterzogen wurde. Gegen 18.45 Uhr stand dann fest: Sellner darf einreisen.
Eintrag in deutscher Fahndungsdatenbank
Der „Spiegel“ hatte am Wochenende mit Verweis auf Sicherheitskreise berichtet, dass für Sellner ein Eintrag in der internen Fahndungsdatenbank der deutschen Bundespolizei hinterlegt wurde. Bei einer Kontrolle könnten die Polizisten dem Österreicher den Grenzübertritt verwehren. Am Sonntag hieß es, die Ausländerbehörde von Passau prüfe die Möglichkeit einer Einreisesperre für Sellner. In Abstimmung mit den deutschen Sicherheitsbehörden werde beurteilt, ob eine Gefährdung für die Sicherheit und öffentliche Ordnung bestehe. Diese Gefährdung wurde dann nicht festgestellt.
Polizeihauptkommissar Jürgen Bockstedt erklärte gegenüber der Mediengruppe Bayern: „Wir haben die Gründe hinterfragt, warum er einreist, und wir haben keine Gründe gefunden, die darauf hindeuten, dass er eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt - und deswegen darf er einreisen.“
Sellner jubelte auf seinem Twitter-Kanal, wo er seine „Flucht nach Deutschland“ dokumentierte: „Die Willkommenskultur in Passau war überwältigend.“ An der Grenze gab es gemäß „Passauer Neue Presse“ großes Medieninteresse. Auch Kamerateams waren demnach an Ort und Stelle. Ein Passauer Wirt, in dem Sellner laut eigener Ankündigung Kuchen essen wollte, hatte am Montag reagiert und sein Café geschlossen. Der Gastronom kämpfe nun mit Hasskommentaren, berichtete die Zeitung.
Aufstehen gegen rechts in Deutschland und Österreich
Sellner war bis 2023 Sprecher der als rechtsextrem eingestuften Identitären Bewegung Österreich (IBÖ). Die Rechercheplattform „Correctiv“ hatte im Jänner ein Treffen radikaler Rechter am 25. November in Potsdam öffentlich gemacht, an dem einige deutsche Politiker teilgenommen hatten. Sellner hatte bei dem Treffen nach eigenen Angaben über „Remigration“ gesprochen. Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang.
Das Treffen hat zu Protesten in Deutschland und Österreich geführt. In Deutschland gehen seit Wochen Hunderttausende Menschen gegen Rechtsextremismus auf die Straße. In Österreich kam es am vergangenen Freitag erstmals zu Demonstrationen gegen rechts.
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