Franz Kafkas „Verwandlung“ als riskantes, aber eindrucksvolles Bravourstück für eine Pantomimin im Akademietheater
Auf den ersten Blick nimmt sich der Versuch widersinnig aus: „Die Verwandlung“, neben Joyce’ „Ulysses“ der vielleicht einflussreichste Text der Moderne, auf einige Schlüsselpassagen und Dialoge reduziert? Tatsächlich hätte man sich von den pausenlosen eineinhalb Stunden mehr Worte und weniger bedeutsames Schweigen erhofft.
Aber die Aufführung hat auch große Vorzüge. Denn die Geschichte des Handlungsreisenden Gregor Samsa, der sich im Schlaf in ein riesiges Insekt verwandelt hat, funkelt vor Rätseln und Assoziationen. Und die deutsche Regisseurin Lucia Bihler nimmt einen interessanten Weg: Neben der von Grauen und Überdruss zusehends um die Solidarität gebrachten Familie bringt sie auch Kafka als Erzähler ein (Jonas Hackmann bewährt sich neben Stefanie Dvorak, Dorothee Hartinger und Philipp Hauß).
Zu viert zimmern sie das Textgerüst für die stumme Pantomimin Paulina Alpen, die eine wahrhaft grandiose Verwandlung vollzieht. Die Bühnenbildnerin Pia Maria Mackert sperrt das charmante Ungeheuer, dessen Verzweiflung einem das Herz abdrückt, in einen surrealen Höllenraum - den zweiten Protagonisten des Abends. Die Schlusspointe, zu zart, um verraten zu werden, ist ergründenswert.
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