Kochende Emotionen

Jean Reno unter der Haube : “Kochen ist Chefsache”

Kino
06.06.2012 14:04
Für die kulinarisch-turbulente Komödie "Kochen ist Chefsache" (Kinostart: 7. Juni) wechselt Frankreichs sympathischer Charakterkopf und Thrillerspezialist Jean Reno auf das Terrain der Edelgastronomie und mimt einen Sternekoch zwischen Gourmet-Spionage und hochkochenden Küchenscharmützel. Ein echter Gaumenschmeichler.

Filme über die hohe Kunst des Kochens haben in Frankreich Tradition. Ein famos komisches und kalorienreiches Beispiel lieferten etwa Louis de Funès und Coluche mit ihrem Streifen "Brust oder Keule", der den Unterschied zwischen traditionsreicher gehobener "Haute Cuisine" und profaner industrieller Verpflegung vollmundig darlegte.

Klassische Screwball-Rezeptur
Für seine virtuose Küchenschlacht "Comme un chef - Kochen ist Chefsache" setzt Regisseur Daniel Cohen auf zwei sich gegenseitig inspirierende Darsteller - und somit auf die klassische Screwball-Rezeptur. Jean Reno gibt mit viel Selbstironie und fein gewürzter Autorität den Sternekoch Alexandre Lagarde, ein Perfektionist am Herd, der das Konzept seines Gourmetrestaurants durch die chemische Raffinesse der Molekularküche bedroht sieht.

Von den Neuerungen des Esskultur in den Enge getrieben, angefeindet von überheblichen Gastrokritikern und zudem an einer echten Schaffenskrise laborierend, holt er sich einen aufmüpfigen und enthusiastischen Rezepte-Jongleur, den er beim Besuch seines betagten Mentors und Senior-Chefs im Altersheim trifft, an den Herd.

Emotionen kochen über
Und dieser Jacky Bonnot, gespielt von dem französischen Anarcho-Komiker Michael Youn, bringt bald frischen Wind, aber auch jede Menge Unruhe in Lagardes elitären Drei-Sterne-Fresstempel. Bislang hat die hitzköpfige Kochmütze sein Talent in einfachen Bistros vergeudet. Seinen letzten Job in einer Pariser Brasserie war er schnell los, weil er den Gästen vorschreiben wollte, welchen Wein sie zu trinken haben. Als diese nicht gehorchten, nahm er ihnen erbost das Essen weg! Und so legt er sich in einer Live-Kochshow auch mit seinem neuen Chef an, denn er behauptet kühn vor laufender Kamera, dieser verwürze ein Gericht. Mon dieu, da Kochen dann wirklich die Emotionen über.

Doch langsam entsteht zwischen den beiden manischen Küchenvirtuosen so etwas wie eine Komplizenschaft, gilt es doch Lagardes Widersachern kräftig die Suppe zu versalzen. Wenn das ungleiche Duo als Geisha und Samurai verkleidet in der hochtechnisierten Hexenküche des Molekular-Gegners Gourmet-Spionage betreibt, wenn die beiden ihren Frust mit edlen Rotweinen unterspülen oder wenn Sternekoch Lagarde seine Tochter mit blütenzarten Brioches verwöhnt, in der Hoffnung, sie möge dem Fastfood-Konsum abschwören, bleibt kein Auge trocken... Kochleidenschaft, die einen Riesenhunger macht!

Alles begann mit Romy-Schneider-Film
Die Filmographie des französischen Stars Jean Reno liest sich von Beginn an haubenverdächtig. So stand er 1979 in einer ersten winzigen Nebenrolle in der Costa-Gavras-Produktion "Die Liebe einer Frau" bereits neben Romy Schneider und Yves Montand vor der Kamera. Sein internationaler Durchbruch erfolgte knapp zehn Jahre später, mit Luc Bessons "Im Rausch der Tiefe". Für seine Darstellung des Apnoetauchers Molinari wurde er mit dem französischen Filmpreis César bedacht.

In dem düsteren Thriller "Nikita" gab er einen abgebrühten Auftragskiller und legte damit den Grundstein für seine spätere Hauptrolle in Bessons "Léon - Der Profi". Hollywood holte ihn an die Seite von Tom Cruise in "Mission: Impossible", mit "Die purpurnen Flüsse" kehrte er wieder in die französische Filmlandschaft zurück. Und die Zeitreise-Komödie "Die Besucher", die er mit ruppigen Charme adelte, lockte fast 14 Millionen Franzosen ins Kino.

Kein Wunder, dass ihn Jacques Chirac ob seiner Verdienste um den französischen Film zum Ritter der Ehrenlegion ernannte. Auch zu einem zweiten ehemaligen französischen Staatspräsidenten gibt es eine illustre Verbindung, war doch Nicolas Sarkozy, damals noch Innenminister, Trauzeuge bei Renos dritter Eheschließung im Juli 2006 in der Provence.

Jean Reno kocht "genießbares" Essen
Kann Jean Reno kochen? Reno: "Ich glaube, es ist genießbar. Zumindest mit viel gutem französischem Wein." Er selbst zieht die Anonymität kleiner verschwiegener Bistros den elitären Luxusrestaurants vor, auch wenn er Spitzenköche wie Alain Ducasse bewundert. Reno: "Das französische Essen ist deshalb so gut, weil die Tradition der Esskultur immer respektiert und hochgehalten wurde. Sie ist Teil unseres kulturellen Erbes. Wir Franzosen sind Genießer - ob in der Liebe oder bei Tisch. Die Sinnlichkeit eines ausgedehnten Essens lässt doch Rückschlüsse zu, nicht wahr..."

Welche Küche liebt er außer der französischen? Reno: "Die vietnamesische. Oder auch ein paar marokkanische Gerichte, was mit meiner Jugendzeit in Casablanca zu tun hat. Aber Paris hat für jeden Magen etwas." Wie sagte doch der große "Gastrosoph" Brillat-Savarin (1755-1826), ein sich der Erotik des Essens verpflichtet fühlender Jurist: "Die Entdeckung eines neuen Gerichtes ist für das Glück der Menschheit wichtiger als die Entdeckung eines neuen Gestirns."

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