Eigentlich sollte am Landesgericht Wels im Prozess gegen einen Gynäkologen (64) ein Urteil gefällt werden, nachdem unter seiner Leitung bei der Geburt ein Baby gestorben war. Doch aus einem eigentlich sehr erfreulichen Grund musste die Verhandlung nach einem langen Tag doch noch vertagt werden.
„Aus der jetzigen Sicht würde ich anders handeln“, sagte jener 64-jährige Gynäkologe, der sich am Landesgericht Wels wegen des Todes von Baby Lukas im Spital Vöcklabruck verantworten musste.
Im Dezember 2021 war das Kind nach einer „entgleisten Geburt“ verstorben. Staatsanwalt Thomas Mörtelmayr warf dem Mediziner vor, dass die Patientin mangelhaft vom Arzt betreut und vor allem unzureichend aufgeklärt worden war. Sie hatte bei einer Geburt 2019 einen Notkaiserschnitt und bei einer „normalen“ Geburt war die Gefahr eines Gebärmutterrisses gesteigert.
Gutachter ortete Sorgfaltsverletzung
„Außerdem wurde ein Medikament zur Geburtseinleitung verabreicht, das dieses Risiko erhöht“, so der Ankläger. Der Arzt präzisierte: „Verdoppelt.“ Gutachter Professor Christoph Brezinka ortete eine Sorgfaltsverfehlung: Im Beipackzettel steht, dass Prostaglandin bei solchen Risikopatientinnen nicht gegeben werden soll. Die Ärztin, die Sabrina W. aufgenommen hatte, bestätigte, dass über die Pille nicht gesprochen wurde: „Die Patientin kam mit Wehen, das war kein Thema.“
Der Angeklagte gab an, dass er vier Gebärmutterrisse, einer davon endete fatal, miterlebt hatte, gestand zu, dass die Aufklärung nicht optimal war. Die halbe Tablette Prostaglandin, die „im Haus zur Geburtseinleitung üblich ist“, war als „Schubs“ für die stockende Geburt gedacht: „Hätte die Patientin einen Kaiserschnitt verlangt, hätte ich diesen nie verwehrt“, so der Arzt.
Lukas’ Vater sagte, dass seine Frau - sie ist schwanger, war entschuldigt - diesen „dezidiert gefordert“ habe. „Kein Zeuge bestätigt dies“, sagt Verteidiger Gerhard Huber und bestand auf der Mutter als Zeugin. Für seinen Mandanten geht’s um viel: Wegen grob fahrlässiger Tötung drohen drei Jahre Haft. Richter Christian Hochhauser vertagte auf kommendes Jahr.
Für die Eltern ist das lange Verfahren belastend. Bis das Strafverfahren abgeschlossen ist, pausiert auch das Zivilverfahren.
Stefan Rieder ist Opferanwalt und vertritt die Eltern im Straf-, aber auch in einem Zivilprozess.
Bild: Wenzel Markus
Vorfall änderte Vorgehen im Spital
Seit dem fatalen Vorfall - man versuchte Lukas mit der Saugglocke zu holen, die Gebärmutter riss, es folgte ein Notkaiserschnitt, Mama Sabrina überlebte nur knapp - gibt es im Spital einen Aufklärungsbogen für Geburtsvorbereitung.
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