Renate Bertlmann

Mit Messerschnullerhänden gegen die Phallokratie

Kunst
28.09.2023 19:05

„Fragile Obsessionen“: Das Belvedere 21 zeigt die erste umfassende Retrospektive der Künstlerin Renate Bertlmann, einer Pionierin der feministischen Avantgarde. „Pornografie, Ironie und Utopie“ mit einem Hauch von Zärtlichkeit. 

Wie bei so vielen feministischen Pionierinnen der Kunst dauerte es, bis Renate Bertlmann wirklich gesehen wurde. Spätestens 2019, als sie als erste Einzelkünstlerin den Österreichischen Pavillon bei der Biennale in Venedig mit 312 roten Glasrosen auf Fleischspießen befüllte, erfasste sie das große Rampenlicht. Dabei hatte sie da schon ein erstaunliches Œuvre mit rund 5000 Werken geschaffen.

Aus diesen wurden nun rund 200, viele noch nie gezeigte Zeichnungen, Fotos, Installationen und Skulpturen für die erste umfassende Retrospektive ausgewählt, mit der das Belvedere 21  „eine der wesentlichen Protagonistinnen der österreichischen feministischen Avantgarde“ im Jahr ihres 80. Geburtstags nun ehrt.

Schon früh das künstlerische Vokabular gefunden
„Die Ausstellung ist chronologisch aufgebaut, um ihre Entwicklung nachvollziehbar zu machen“, so Kuratorin Luisa Ziaja. Und um anschaulich zu zeigen, wie früh Bertlmann ihr künstlerisches Vokabular festigte. Bereits im ersten Abschnitt „Experimente in wehrhafter Weiblichkeit“, der ihr Frühwerk ab Ende der 60er-Jahre widerspiegelt, finden sich ihre großen Themen wie das Ringen der Geschlechter, Mutterschaft, Unterdrückung, das Durchbrechen von Rollenbildern und gesellschaftlicher Tabus. Aber auch schon ihre typische Bildsprache: Phallus und Vulva, die schwangere Braut, Rollstühle aus Plexiglas, Schnuller und Skalpelle, die aus Brüsten ragen u. v. m.

Mal ironisch-kämpferisch aufbegehrend gegen die „Phallokratie“, mal verstörend, unheimlich und aufwühlend. Aber immer wieder in Ambivalenz mit einer gewissen „Sanftheit, Zärtlichkeit und Intimität“, wie Ziaja betont. Bertlmann selbst erklärte einmal „Pornografie, Ironie und Utopie“ zum roten Faden ihres Werks. Und ihren berühmten Leitspruch „Amo Ergo Sum“, in dem sie die „ganzheitliche Erfahrung des Seins durch Körper, Geist und Seele“ vereint.

Der letzte Teil führt unter dem Motto „Kitsch als lustvoller Tabubruch“ in das jüngste Schaffen Bertlmanns - hinein in den bewusst „schlechten Geschmack, der etwas über die Verfasstheit der Gesellschaft erzählen soll“. Ein schriller Rausch aus Farben, Glitzer und Flitter - Übersehen ist da sowieso nicht mehr möglich . . .

Nähere Informationen zur Ausstellung gibt es hier

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