Im letzten Moment
Athen: Ministerrat segnet Sparpaket ab
Die Billigung des Sparprogrammes ist eine der Voraussetzungen für weitere Hilfen von der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds. Ohne das neue Sparpaket in Höhe von 130 Milliarden Euro wäre Griechenland bis zum 20. März pleite.
Regierung beginnt zu bröckeln
Am Freitag, einen Tag nach der Einigung der Parteichefs auf neue Einschnitte, bröckelte die Regierung des parteilosen Ministerpräsidenten Lucas Papademos. Die kleine rechtsgerichtete LAOS-Partei verweigerte die Gefolgschaft und zog ihre Minister aus der Regierung ab. Die Mehrheit bei der entscheidenden Abstimmung im Parlament scheint jedoch noch sicher zu sein.
Papademos plant nach Informationen aus seinem Büro eine Regierungsumbildung. Diese soll laut Nachrichtenagentur dpa aber frühestens nach der Abstimmung im Parlament erfolgen.
Papademos warnte vor völligem Zusammenbruch
In einer sehr emotionalen Rede im Ministerrat schwor Papademos am Abend seine Regierung auf ein Ja zum Sparpaket ein. Mit eindringlichen Worten warnte der frühere EZB-Vizepräsident vor den Folgen einer Staatspleite, die ein "ökonomisches Chaos" und eine "soziale Explosion" bewirken würde. Früher oder später würde das Land dann die Eurozone verlassen müssen. "Der Staat würde Löhne, Renten nicht zahlen und die Krankenhäuser und die Schulen würden nicht funktionieren können."
Papademos warnte vor einem völligen Zusammenbruch des Lebensstandards und vor Verelendung und sprach von einem "Moment der historischen Verantwortung". An die Adresse der seit knapp zwei Jahren unter immer neuen Einschnitten leidenden Griechen sagte er: "Wir schauen dem Volk in die Augen und sagen: Dieses Programm wird sozial weniger Kosten haben als die finanzielle und soziale Katastrophe, die folgen wird, wenn wir es nicht verfolgen."
Polizei drohte Troika mit Festnahme
Mit Blick auf Opposition und Demonstranten - auf den Straßen formiert nach wie vor breiter Protest - sagte der parteilose Regierungschef: "Patriotisch ist heute nicht, die Waffen zu strecken. Wir müssen stattdessen vereint sein, die Zähne zusammenbeißen und alle schwierigen Entscheidungen für die Rettung des Landes treffen und sie auch in die Tat umsetzen."
Selbst der Vorstand der griechischen Polizisten-Gewerkschaft hatte kürzlich angekündigt, sich aktiv am Protest zu beteiligen und mit der Festnahme der Kontrolleure der EU, des Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Zentralbank gedroht.
Ja der Euro-Finanzminister an Bedingungen geknüpft
Die Euro-Finanzminister hatten grünes Licht für das neue Hilfsprogramm auch an die Zustimmung des Parlaments in Athen geknüpft und Griechenland so weiter unter Druck gesetzt. Sie hatten ihren Beschluss dazu am späten Donnerstagabend auf kommenden Mittwoch vertagt. Nur wenn Athen innerhalb einer Woche mehrere Bedingungen erfüllt, kann Griechenland mit dem dringend benötigten zweiten Rettungspaket von mindestens 130 Milliarden Euro rechnen. Notwendig ist zudem noch ein freiwilliger Schuldenschnitt im Volumen von 100 Milliarden Euro, auf den sich die privaten Gläubiger wie Banken mit Athen einigen müssen.
Zu den Bedingungen gehört auch, dass die Regierungskoalition in Athen verbindlich zusichern muss, bei dem Sparprogramm mitzuziehen. Papademos zufolge fordern die Euro-Finanzminister ein schriftliches Bekenntnis der Chefs der Regierungsparteien zum Sparprogramm. Der Chef der rechtsgerichteten LAOS-Partei, Giorgos Karatzaferis, warf insbesondere den Deutschen vor, alleine die EU zu regieren, "weil sie ein dickes Portemonnaie haben".
Die neuen harten Einschnitte sehen unter anderem kräftige Lohnkürzungen im Privatsektor sowie die Entlassung von 150.000 Staatsbediensteten bis 2015 vor. Bis dahin soll Griechenland 14 Milliarden Euro sparen, allein dieses Jahr sollen es 3,1 Milliarden sein.
Laut S&P winkt "selektive Insolvenz"
Die Ratingagentur Standard & Poor's droht unterdessen Griechenland mit einer weiteren Abstufung und damit mit einer selektiven Insolvenz (selective default/SD), sollte das Land rückwirkend für seine Anleihen Klauseln beschließen, die die Rechte der Anleger einschränken.
Konkret geht es um sogenannte "collective action clauses" (CAC), die Griechenland rückwirkend für seine Anleihen beschließen will. Sie würden dazu führen, dass eine von der Mehrheit akzeptierte Restrukturierung der griechischen Anleihen auch für eine Minderheit, die diese Maßnahme ablehnt, bindend wird. Damit könnte Griechenland seine Umschuldungsverhandlungen mit privaten Gläubigern beschleunigen.
Aus Sicht der Ratingagentur wäre das aber ein so starker Eingriff in die Rechte der Investoren, dass die davon betroffenen Papiere auf SD heruntergestuft würden. CAC seien durchaus üblich, dürften aber nicht rückwirkend eingeführt werden, heißt es in einer Mitteilung von S&P vom späten Freitagabend.
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