Zwei Staatschefs, ein Kampfjet: Was daran verstörend ist, erklärt Autor Robert Schneider in seiner Kolumne.
Es ist ein Bild, das mich wirklich verstört hat. In einem Flugzeughangar in Skrydstrup (Dänemark) stehen Wolodymyr Selenskyj und die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen vor dem Cockpit eines F16 Kampfjets, dessen Kabinendach geöffnet ist. Selenskyj mit T-Shirt und der üblichen grünen Camouflage-Hose, Frederiksen in weißem Blazer und eleganter, schwarzer Hose. Umgeben sind die beiden von Politikern und Militärs, denn es gibt etwas zu feiern. Die US-Regierung hat Dänemark (NATO-Gründungsmitglied) und den Niederlanden (ebenfalls in der NATO) eine schnelle Weitergabe von US-Mehrzweckkampfflugzeugen des Typs F16 an die Ukraine zugesagt. Selenskyj sprach von einer „historischen Entscheidung“. Frederiksen kündigte an, 19 Jets zu liefern, die ersten zum Jahreswechsel.
Netter, kurzer Smalltalk im Hangar. Handshake. Dann lässt Selenskyj seiner Kollegin höflich den Vortritt beim Besteigen der zweisitzigen Kampfmaschine, wobei er natürlich den Kommandositz einnimmt. Beide zwängen sich hilflos und wenig gekonnt in das Cockpit der F16, um dann für die Journalisten mit einem aparten Lächeln zu posieren.
Mette Frederiksen ist 46 Jahre alt, entstammt einem klassischen Arbeiter-Elternhaus. Aus erster Ehe hat sie zwei Kinder. Seit dem Jahr 2020 ist sie zum zweiten Mal verheiratet. Hat diese Politikerin und Mutter nicht einen einzigen bangen Gedanken gehabt, als sie sich in die F16 setzte, die doch nur wieder Verheerung und Tod über andere Menschen bringt, über Zivilisten, Kinder? Was muss diese Frau und Mutter in genau diesem Moment an Wirklichkeit abgespalten haben, dass sie noch in die Kameras lächelt? Und das im Cockpit einer Maschine, die mit einem Arsenal an unterschiedlichen Luft-Luft-Lenkflugkörpern bestückt werden kann?
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