"AAA"-Rating weg

Regierung pocht auf Schuldenbremse in Verfassung

Österreich
14.01.2012 12:53
Nach der Herabstufung Österreichs durch die Ratingagentur Standard & Poor's setzen heimische Regierungspolitiker erneut ihre Hoffnungen auf die Verankerung der Schuldenbremse in der Verfassung. Dass die Opposition dem zustimmt, sei wichtiger denn je, ließ etwa Kanzler Werner Faymann via Facebook wissen. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache wiederum forderte als Antwort auf den Bonitäts-Schock Neuwahlen.

"Es ist eine von drei Ratingagenturen", versuchte Faymann am Samstag zu beruhigen. Österreich habe mit der Schuldenbremse und dem Konsolidierungskurs "den richtigen Kurs eingeleitet", betonte der Kanzler im Ö1-"Mittagsjournal".

Faymann verwies darauf, dass Österreichs Wirtschaftsdaten nach wie vor sehr gut seien. Es zeige sich aber erneut, dass unser Land unabhängiger von den Finanzmärkten werden müsse. Die Kritik von S&P am Ungarn-Risiko für die heimische Wirtschaft kann Faymann hingegen nicht komplett nachvollziehen: Österreich habe in Ungarn "in guten Zeiten Geld verdient".

Spindelegger: "Sparpaket rasch durchziehen"
Vizekanzler Michael Spindelegger hatte zuvor im Ö1-"Morgenjournal" ebenso wie der Kanzler Unverständnis über die Herabstufung von der Bestnote "AAA" auf "AA+" geäußert. Nun müsse gehandelt und das geplante Sparpaket rasch durchgezogen werden. Es gehe um die Themen Pensionen, Gesundheitsausgaben und generell darum, die Schuldenbremse "mit Leben zu erfüllen", sagt der ÖVP-Chef. Den "Bremsern" müsse die Herabstufung zu denken geben, sie sollten ihr Verhalten ändern.

Laut Finanzministerin Maria Fekter sei die Herabstufung "ein ganz klares Signal", mehr beim Schuldenabbau zu tun. "Wir haben das zu wenig beachtet." "Es sollen alle aufwachen", auch die Oppositionsparteien, betonte Fekter. Die Ratingagentur habe das "Ostrisiko" für Österreich "eher undifferenziert" eingeschätzt, betonte sie. Wie viel Österreich bei der Emission von Staatsanleihen nun mehr an Zinsen zahlen müsse, "werden erst die Märkte zeigen", so die Finanzministerin. Sie erwarte, dass österreichische Staatspapiere nach wie vor "gut aufgenommen werden".

Leitl: Schuldenbremse in Verfassung "völlig zweitrangig"
Anders wertete Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl die notwendigen Maßnahmen nach der Herabstufung. Ob die Schuldenbremse doch noch in die Verfassung kommt, ist für Leitl in diesem Zusammenhang "völlig zweitrangig". Dies werde niemanden wahnsinnig beeindrucken, meinte er. Leitl betrachtet den Verlust des Triple-A-Ratings als Schuss vor den Bug Österreichs: "Es brennt der Hut." Leitl pochte auf rasche ausgabenseitige Reformen, um das Vertrauen der Investoren wiederherzustellen. "Wer jetzt über neue Steuern redet, schadet dem Ansehen Österreichs zusätzlich."

Leise Kritik an der Entscheidung der Ratingagentur äußerten Notenbankchef Ewald Nowotny und Wifo-Chef Karl Aiginger: "Das ist eine politische Aktion, wenn quasi ganz Europa in einem Schlag heruntergeratet wird", sagte Nowotny. Er bezeichnete die Herabstufung als "Warnung". Österreich müsse seine Staatsschulden begrenzen, einen anderen Weg gebe es nicht. Aiginger bezeichnete die Herabstufung als "gelbe Karte". Er glaube aber nicht, dass sie im Verhältnis zu den anderen Ländern den Realitäten entspricht. Österreich habe "eine hochaktive Leistungsbilanz". Außerdem seien die Ost-Beziehungen, die so kritisch gesehen würden, eigentlich eine Erfolgsgeschichte.

IHS-Chef Bernhard Felderer forderte, notwendige Reformen, etwa im Pensionsbereich, "viel intensiver" umzusetzen und die Schuldenbremse so bald wie möglich im Verfassungsrang zu verankern. Man sollte die Gründe für Österreichs Triple-A-Verlust aber nicht nur in Ungarn und Italien suchen. "Wir sind alle an der Abstufung schuld. Es hat mit unserer eigenen Politik zu tun", betonte Felderer. Auch die Oppositionsparteien hätten in der Frage der Schuldenbremse versagt.

FPÖ-Chef Strache fordert Neuwahlen
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache schoss sich als Antwort auf die Herabstufung Österreichs am Samstag auf die Regierung ein und forderte einmal mehr Neuwahlen. "Wenn Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger als erste Reaktion darauf nichts anderes einfällt, als ihr 'Unverständnis' zu äußern, dann ist es höchste Zeit, diese Herrschaften in die Wüste zu schicken", so Strache. Faymann und Spindelegger hätten deutlich gezeigt, dass sie nicht in der Lage seien, Österreich aus der Krise zu führen. Dies dürfte auch S&P so sehen, denn neben der Herabstufung Österreichs sei auch der Ausblick auf "negativ" gesetzt worden, meinte Strache.

Der Grüne Vizeklubchef Werner Kogler hingegen plädierte dafür, sich nicht von einzelnen Ratingagenturen hysterisch machen zu lassen. Entscheidend seien die auf den Märkten gebildeten Zinsen. Es sei jedenfalls nützlich und vernünftig, den Schuldenstand einzudämmen, sagte er.

BZÖ-Chef Bucher wünscht sich "Reformfrühling"
Einen "Reformfrühling für Österreich" forderte am Samstag BZÖ-Chef Josef Bucher. "Österreich braucht einen Modernisierungsschub und eine Verwaltung, die vom überflüssigen Speck der letzten Jahrzehnte befreit wird", so Bucher. Der BZÖ-Chef warnte zugleich davor, das Budget hauptsächlich mittels Steuererhöhungen sanieren zu wollen: "Das wird Österreich seine Bestbewertung nicht zurückbringen."

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