Dass die Schrei-Arien der Klimakleber, die es in den Saal geschafft hatten, allseits für einen Teil der Inszenierung gehalten wurden: Das sagt mehr über die Inszenierung als über die rasch Hinausbegleiteten.
Lang nämlich sollte Regisseur Michael Sturminger seinen „Jedermann“ aus dem Jahr 2017 nicht mehr überarbeiten. Damals in einer Notlage improvisiert, hat das Opus seither drei Titelhelden, fünf Buhlschaften und drei Neufassungen verbraucht, alle um nichts besser als die erste. Im Gegenteil: Sollte Sturminger künftig auch nur ein wenig mehr einfallen als diesmal, wäre die Causa außer Kontrolle.
Dabei lenkt die wetterbedingte Verlegung ins Festspielhaus vom ersten Malheur ab: Das wuchtige Bühnenbild wird die identitätsstiftende Fassade des Doms unkenntlich machen. Den Hintergrund nimmt jetzt die bewachte Hacienda des Milliardärs Jedermann ein, davor vegetieren die Elenden. Sturminger bebildert seine Kapitalismuskritik wie aus der Ideengreißlerei:
Apokalyptischer Eso-Schwulst trifft auf Krawallkomik (grauenvoll die Vettern) und Transen-Geklimper, Pop-Sängerin Anja Plaschg versenkt das Finale, Wolfgang Mitterers Musik verschärft die miese Saalakustik, der u. a. Sarah Viktoria Fricks Teufel zum Opfer fällt. Bleiben Nicole Heesters’ auratische Mutter und ein großes Paar: Michael Maertens ist zum scharfkantigen Tragöden gewachsen. Mit Valerie Pachner, fabelhaft in der Doppelrolle der Buhlschaft und des Todes, gelingen Augenblicke der Intimität und Verstörung. Mehr davon würde das Unternehmen so dringend brauchen wie die Salzburger Festspiele einen neuen „Jedermann“.
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